Tumulte und Festnahmen nach Stuttgart-21-Demo
Stuttgart (dpa) - Die Auseinandersetzung um das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird rauer: Am Freitagabend kam es zu Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten.
Nach einer Protestkundgebung mit nach Veranstalterangaben mehr als 30 000, nach Polizeiangaben 15 000 Teilnehmern wurden 30 Demonstranten festgenommen, mehrere Polizisten verletzt und der Verkehr erneut behindert, teilte die Polizei am Samstag mit.
Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ging im Magazin «Focus» mit einem Teil der Demonstranten hart ins Gericht. «Es gibt einen nicht unerheblichen Teil von Berufsdemonstranten, zum Beispiel von Robin Wood, die der Polizei das Leben sehr schwer machen.» Bei ihnen nähmen Aggressivität und Gewaltbereitschaft zu.
Daraufhin warf ihm die Landtags-SPD vor, den Konflikt zuzuspitzen. «Anstatt auf die Gegner zuzugehen und einem Volksentscheid zuzustimmen, versucht er aus Wahlkampfgründen, sie zu kriminalisieren», sagte Fraktionsvize Nils Schmid.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte ihre Unterstützung für Stuttgart 21. Das Bahnprojekt sei nicht nur eine regionale Angelegenheit, sondern habe europäische Dimensionen, sagte sie am Samstag bei einem Parteitag der rheinland-pfälzischen CDU in Mainz. Es sei einst auch auf europäischer Ebene abgestimmt worden - nun müssten die vereinbarten Pflichten in Stuttgart erfüllt werden.
Nach Angaben der Polizei umringten am Freitagabend mehrere Demonstranten einen Reisebus, zerkratzten ihn und versuchten die Reifen zu zerstechen. Dies stellen die Projektgegner völlig anders dar. Es sei zu keiner Zeit zu einer Bedrohung oder einem Angriff auf den Bus gekommen.
Laut Polizei wurde am Freitagabend nach der Demonstration zudem ein 19-jähriger Mann festgenommen, nachdem er einem Polizisten mit einer Vuvuzela so laut ins Ohr getrötet hatte, dass dieser Hörprobleme bekam. Außerdem hatte er versucht, zwei Beamte gegen einen anfahrenden Bus zu drücken. Ein 26 Jahre alter Mann wurde festgenommen, weil er einem Beamten einen Rippenstoß versetzte.
Später am Abend zogen mehrere Demonstranten-Gruppen durch die Stuttgarter Innenstadt, lärmten und behinderten den Verkehr. Eine Gruppe von 27 Menschen wurde vorläufig festgenommen, weil sie eine Straße besetzte und diese trotz Aufforderung nicht freigab.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, bezeichnete die Proteste als «dramatisch». Er sagte der «Wirtschaftswoche»: «Dort steht nicht nur ein sorgfältig geplantes Investitionsprojekt auf dem Prüfstand, sondern unsere repräsentative Demokratie.» Die Unternehmen müssten aus der «schweigenden Mehrheit ausbrechen». Die Wirtschaft brauche Planbarkeit und Vertragssicherheit.