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Trump verschiebt die Verantwortung – und macht Selenskyj zum Hindernis seines eigenen Friedensplans

08. Dezember 2025, 10:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Trump verschiebt die Verantwortung – und macht Selenskyj zum Hindernis seines eigenen Friedensplans
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Während Trump Kiew unter Druck setzt, widerspricht Putins Linie dem Bild einer angeblichen russischen Zustimmung.
Donald Trump stellt Selenskyj als Hindernis für einen schnellen Friedensplan dar, um Druck aufzubauen. Doch geopolitische Realitäten machen ein Abkommen schwierig.

Trumps Darstellung dreht den Konflikt auf eine innenpolitische Bühne

Donald Trump nutzte am Sonntagabend eine kurze Fragerunde mit Reportern, um ein neues Narrativ zu platzieren: Nicht Russland, sondern der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bremse die amerikanischen Bemühungen um einen Friedensplan aus. Nur „einige Stunden“ habe Selenskyj den Vorschlag gehabt, erklärte Trump, und dennoch nicht reagiert. Er wirkte bemüht, die Verantwortung klar zu verteilen.

Dass der US-Präsident darüber spricht, bevor es überhaupt formelle Signale aus Kiew oder Moskau gibt, ist kein Zufall. Trumps Ansatz, die Ukraine zu einem schnellen Abkommen zu drängen, steht zunehmend im Spannungsfeld zwischen geopolitischen Realitäten und seiner innenpolitischen Agenda. Mit der Behauptung, Selenskyj sei „noch nicht so weit“, stellt Trump den ukrainischen Präsidenten als Zauderer dar – und sich selbst als denjenigen, der handeln wolle, aber gehindert werde.

Der angebliche Rückhalt aus Moskau bleibt politisches Wunschdenken

Trump behauptete zudem, Russland sei „glaube ich“ einverstanden. Das wirkt eher wie eine rhetorische Platzhalterformel denn wie eine abgestimmte Position. Wladimir Putin hatte noch in der vergangenen Woche erklärt, dass Teile des amerikanischen Friedensvorschlags nicht umsetzbar seien. Aus russischer Sicht sei der Entwurf in einigen Elementen zwar vorteilhaft, aber nicht ausreichend, um einen formalen Einstieg in Verhandlungen zu rechtfertigen.

Zwischen beiden Positionen bleibt ein Widerspruch: Trump spricht von russischer Zustimmung, Putin von klaren Vorbehalten. Das zeigt, wie weit die Kommunikation zwischen Washington und Moskau von öffentlichen Aussagen entfernt ist – und wie stark politische Inszenierung die Debatte prägt.

Die Ukraine steht unter Druck, ohne den Plan überhaupt zu kennen

Zum Inhalt des US-Vorschlags ist offiziell kaum etwas bekannt. Dass Selenskyj den Entwurf „noch nicht gelesen“ habe, wie Trump behauptet, sagt wenig darüber aus, ob oder wie er überhaupt in Kiew eingetroffen ist, geschweige denn, ob eine Regierung, die seit fast drei Jahren im Abwehrkrieg steht, innerhalb von Stunden reagieren kann oder sollte.

Der Hinweis, „seine Leute lieben ihn“, wirkt wie ein kalkulierter Versuch, den innerukrainischen Entscheidungsprozess zu kommentieren, ohne dessen tatsächliche Dynamik zu kennen. Selenskyj muss jeden Vorschlag nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch politisch legitimieren – gegenüber seiner Regierung, dem Militär und einer Bevölkerung, die täglich neue Angriffe Russlands erlebt.

Ein Abkommen, das als zu nachgiebig wahrgenommen wird, wäre innenpolitisch kaum durchsetzbar. Ein Abkommen, das den russischen Angriffskrieg faktisch belohnt, würde das Vertrauen in die ukrainische Regierung massiv beschädigen.

Der geopolitische Rahmen bleibt unverändert, egal wie Trump ihn beschreibt

Trumps Aussagen illustrieren weniger den Stand der diplomatischen Gespräche als seine Strategie, die Erwartungshaltung früh zu steuern. Indem er Selenskyj als zögerlich zeichnet, verschiebt er die Verantwortung von Moskau nach Kiew – ein Muster, das ihm erlaubt, Rückschläge oder Verzögerungen zu externalisieren.

Doch die strukturellen Konfliktlinien bleiben bestehen. Russland hält besetzte Gebiete und verfolgt Ziele, die weit über das hinausgehen, was die Ukraine akzeptieren kann. Die Ukraine wiederum kann ohne Sicherheitsgarantien oder territoriale Zusagen keinen tragfähigen Frieden unterzeichnen.

Ein Plan, der diese Spannungen nicht adressiert, wird politisch scheitern – unabhängig davon, wer angeblich „noch nicht so weit“ ist.

Trumps Druck erhöht die Risiken, nicht die Chancen eines Abkommens

Der US-Präsident setzt auf Geschwindigkeit, aber weder Moskau noch Kiew haben bisher einen Anlass gegeben zu glauben, ein Abkommen sei kurzfristig erreichbar. Trumps Versuch, öffentlich Druck aufzubauen, kann diese Dynamik sogar erschweren: Je stärker er Selenskyj in die Defensive drängt, desto schwieriger wird es für die ukrainische Führung, in Verhandlungen einzutreten, ohne den Eindruck des Nachgebens zu vermitteln.

Putins zurückhaltende Reaktion zeigt zudem, dass Russland mit der amerikanischen Kommunikation sorgfältig spielt. Moskau wird kein Abkommen akzeptieren, das seine strategischen Ziele unterläuft. Und es wird keinen innenpolitischen Vorteil verschenken, indem es einem Plan zustimmt, den Trump bereits in der Öffentlichkeit als nahezu akzeptiert darstellt.

Am Ende liefert Trumps Aussage weniger ein Bild des diplomatischen Fortschritts, sondern eines politischen Manövers – mit offenem Ausgang und vielen Projektionen, die in Kiew wie in Moskau ganz unterschiedlich gelesen werden.

Finänzen / Global / Ukraine / Trump / Friedensplan
[InvestmentWeek] · 08.12.2025 · 10:00 Uhr
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