Thyssenkrupp vor Zäsur: Indische Jindal-Gruppe legt Kaufangebot für Stahlsparte vor
Hoffnungsträger aus Indien
Mit einem nicht bindenden Angebot für Thyssenkrupp Steel Europe sorgt die Jindal-Gruppe für Aufsehen. Naveen Jindal, Unternehmer und Politiker, präsentierte sich als Investor mit langfristiger Vision: Man glaube an grünen Stahl in Europa und wolle in Duisburg investieren. Persönliche Briefe an Arbeitnehmervertreter sollten Vertrauen schaffen – der Ton war ungewohnt respektvoll.
Finanzielle Realität
Die Ausgangslage ist klar: Jindal Steel erwirtschaftete zuletzt rund 4,8 Milliarden Euro Umsatz und eine EBITDA-Marge von 19 Prozent – deutlich profitabler als Thyssenkrupp Steel Europe mit weniger als 3 Prozent Marge. Insidern zufolge will Jindal zunächst 60 Prozent der Anteile übernehmen, später aufstocken. Über den Kaufpreis gibt es noch keine Angaben. Nach Branchenschätzungen könnte die Sparte 1,2 Milliarden Euro wert sein – allerdings lasten 2,5 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen auf dem Geschäft. Das Ergebnis wäre ein rechnerisch negativer Kaufpreis von rund 1,3 Milliarden Euro.
Strategischer Plan
Jindal will mit einer integrierten Lieferkette punkten: Eisenerz aus Kamerun, Direktreduktionsanlagen im Oman und in Duisburg, dazu ein Elektrolichtbogenofen. Damit sollen Kosten gesenkt und die Transformation zu grünem Stahl beschleunigt werden. Berater halten das Konzept für schlüssig – entscheidend wird sein, ob die versprochenen Investitionen tatsächlich fließen.
Skepsis wegen Mauritius-Konstruktion
Das Angebot kommt nicht direkt von Jindal Steel, sondern von der auf Mauritius ansässigen Jindal Steel International. Diese Gesellschaft ist in mehreren Ländern aktiv, ihre finanzielle Ausstattung aber schwer nachvollziehbar. Kritiker verweisen auf die Intransparenz des Konstrukts und fragen, ob die Mittel für Milliardeninvestitionen tatsächlich bereitstehen.
Politische Dimension
Ein Verkauf nach Indien hätte auch geopolitische Implikationen. Jindal kauft große Mengen Kokskohle aus Russland und exportiert selbst dorthin. Indien profitiert insgesamt von den westlichen Sanktionen gegen Moskau – was den Deal politisch heikel machen könnte.


