Staat stemmt sich mit Milliarden gegen Kreditklemme
Die Bundesregierung beschloss, bis zu zehn Milliarden Euro über die Staatsbank KfW als Darlehen an Hausbanken zu vergeben, die damit Investitionen vor allem im Mittelstand finanzieren sollen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte nach einem Spitzentreffen mit Banken- und Wirtschaftsverbänden, man sei sich einig, dass es aktuell keine flächendeckende Kreditklemme gebe. In einigen Branchen existierten aber deutliche Engpässe bei der Versorgung mit frischem Geld.
Umstritten ist in der Koalition aber noch, wie viel Risiko der Staat übernimmt, wenn ein Darlehen platzt. Im Gespräch sind 90 Prozent. Der Bund stellt außerdem 7,5 Milliarden Euro an Bürgschaften bereit, um Kreditversicherungen für Zulieferer zu stützen.
Kreditversicherer sichern Lieferanten ab und springen ein, wenn Kunden ihre Ware nicht bezahlen. Als Reaktion auf die steigende Zahl von Firmenpleiten weigern sich private Kreditversicherer immer öfter, Lieferungen an Unternehmen mit schwächerer Bonität abzusichern.
Die Regierung will bald auch die Exportwirtschaft entlasten. Die KfW soll abgesicherte Exportkredite aufkaufen. Geschäftsbanken müssten im Gegenzug mehr Exporte finanzieren. Für die Kredithilfen nimmt der Staat keine zusätzlichen Milliarden in die Hand. Das Geld stammt aus dem «Deutschlandfonds» für notleidende Firmen, der beim Konjunkturpaket II mit 115 Milliarden Euro ausgestattet worden war.
Mit Blick auf den G20-Weltfinanzgipfel verlangte Steinbrück schärfere Auflagen für die Kreditwirtschaft. In Pittsburgh werde als Lehre aus der Krise kein Weg daran vorbeiführen, den Banken größere Eigenkapital-Puffer vorzuschreiben. Er wisse, dass dies für einige Banken lebensbedrohlich sei. Steinbrück forderte die Kreditwirtschaft auf, die vom Staat ermöglichten «Bad Banks» zur Auslagerung von faulen Risikopapieren stärker zu nutzen.
Der Vorsitzende des Zentralen Kreditausschusses (ZKA), Uwe Fröhlich, warnte, zu harte Eigenkapital-Auflagen könnten die Banken zwingen, sich bei der Kreditvergabe einzuschränken. Die Finanzbranche zeigte nach dem Treffen aber grundsätzlich guten Willen. Es würden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Kreditversorgung der Wirtschaft sicherzustellen, betonte Fröhlich, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken ist.
Die Wirtschaft warnt seit Monaten, dass Kreditinstitute wegen höherer Risiken bald noch mehr Firmen den Geldhahn zudrehen könnten. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) klagen 30 Prozent von 5000 Firmen, dass die Banken höhere Kreditzinsen und größere Sicherheiten als vor einem Jahr verlangen. «Die Finanzierung wird zur Gretchenfrage für den Aufschwung in Deutschland», sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann.
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist zuversichtlich, dass die Hilfen schnell greifen. «So wollen wir sicherstellen, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügend Finanzmittel zur Verfügung gestellt bekommen».
Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel hält nach Angaben des Bundesfinanzministeriums eine Kreditklemme durchaus für möglich. Sollte sich die Konjunktur deutlich besser als erwartet entwickeln und zugleich ein sehr hoher Wertberichtigungsbedarf bei Banken vorliegen, sei eine Kreditklemme nicht auszuschließen, geht aus einer Studie für das Ministerium hervor. Davon betroffen wären vor allem das Verarbeitende Gewerbe sowie langfristige Finanzierungen.
Die FDP kritisierte den Eingriff des Staates. «Pünktlich vor der Bundestagswahl soll mit populistischen Interventionen der Eindruck erweckt werden, als könne der Staat die Finanzierungsprobleme der Wirtschaft lösen», sagte Hermann Otto Solms. Aus Sicht der Linkspartei gibt «die Bundesregierung zu, dass ihre bisherige Strategie der Bankenrettung weitgehend gescheitert ist». Abhilfe könne nur eine Neuausrichtung im Umgang mit den Banken bringen, sagte Axel Troost. Jürgen Trittin von den Grünen warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Steinbrück vor, die Finanzkrise nicht wirklich in den Griff zu bekommen.