SPD sieht sich im Aufwind

Berlin (dpa) - Die SPD sieht sich wegen der Beliebtheit ihrer möglichen Kanzlerkandidaten im Aufwind, will sich aber bei der Bewerber-Kür nicht unter Druck setzen lassen.

«Zwei Jahre nach der Bundestagswahl 2009 scheint für die Öffentlichkeit nichts interessanter als die Frage, welcher Sozialdemokrat Kanzler wird» sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der «Frankfurter Rundschau». Dabei steht derzeit besonders Ex-Finanzminister Peer Steinbrück im Fokus. Wie Parteichef Sigmar Gabriel bremste auch Steinmeier: Die Entscheidung falle «frühestens Ende 2012».

Inhaltlich allerdings profitierten die Sozialdemokraten am Wochenende lediglich davon, dass die schwarz-gelben Koalitionäre ihre Debatte über die Entlastung der Bürger zum Auftakt der parlamentarischen Sommerpause keineswegs beendeten. Dabei ging es vor allem um die Senkung der Sozialabgaben.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs rechnete in der «Wirtschaftswoche» für 2012 mit Spielraum zur Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb prophezeite im selben Magazin für spätestens 2013 eine Senkung des Rentenbeitrags von «bis zu 0,7 Prozentpunkten». Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, hielt dem im «Spiegel» entgegen: «Mehr als die gesetzlichen Möglichkeiten der Beitragssenkung in der Rente zu nutzen wäre unverantwortlich.» Das Gesetz schreibt eine Senkung des Beitrags von derzeit 19,9 Prozent vor, wenn die Rücklagen der Rentenversicherung größer sind als 1,5 Monatsausgaben.

Für die SPD ist das alles «Lug und Trug». Die Vizevorsitzende Manuela Schwesig kritisierte im Deutschlandradio Kultur: «Es nützt doch keinem, wenn heute was gesenkt wird, und übermorgen stehen wir wieder da und sagen, wir haben riesige Löcher in den Kassen.»

Die FDP wies die SPD-Kritik, die sich auch gegen das Steuersenkungsversprechen der Koalition für 2013 richtet, zurück. Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing warf den Sozialdemokraten im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa «Verrat an den Arbeitnehmern» vor. Auch Fraktionschef Rainer Brüderle sah sie in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» unter Zugzwang: «Ich bin gespannt, mit welchen Argumenten die SPD den Arbeitnehmern ihren Anteil an der Aufschwungsdividende verweigern will.»

Doch auch Unions-Länderchefs wie Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) blieben skeptisch. Die designierte CDU-Regierungschefin im Saarland, Annegret Kramp-Karrenbauer, sagte dem «Spiegel»: «Wenn dieselben Menschen, die der Bund bei der Einkommensteuer entlastet, für den Kindergartenplatz ihrer Kinder höhere Gebühren zahlen müssen, weil den Ländern das Geld fehlt, ist das keine Entlastung.»

SPD-Chef Gabriel konstatierte in der «Passauer Neuen Presse»: Wir werden nicht regiert, sondern eine Streitkoalition sagt heute dies, morgen das.» Merkels Politik sei «ein Turbolader für Politikverdrossenheit». Und Steinmeier sieht nach 20 Monaten Schwarz-Gelb bei den Wählern «eine große Sehnsucht, wieder mit Vernunft und Augenmaß regiert zu werden». Der frühere Außenminister, der 2009 gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klar unterlegen war, gilt wie Steinbrück als Anwärter auf die SPD-Kanzlerkandidatur.

In einer Emnid-Umfrage für den «Focus» sprachen sich 28 Prozent aller Befragten und 37 Prozent der SPD-Anhänger für Steinmeier als Kandidaten aus. Steinbrück favorisierten 24 Prozent aller Befragten und 32 Prozent der SPD-Anhänger. Für Gabriel waren 11 Prozent der Befragten und 23 Prozent der Anhänger seiner Partei.

Merkel hatte ihrerseits in einem Sat1-Interview am Freitag deutlich gemacht, dass sie 2013 wieder antreten wird.

Falls die Bürger den Bundeskanzler direkt wählen könnten, würde Merkel laut ARD-Deutschlandtrend vom Freitag gegen Steinbrück derzeit verlieren: mit 37 zu 48 Prozent. Gabriel sagte in Berlin bei der Präsentation eines ARD-Films über die SPD: «Peer Steinbrück ist superpopulär gerade». Ein «netter Hype» allein nütze aber nichts. Entscheidend sei, dass ein Kanzlerkandidat die volle Unterstützung der Partei habe und dass Bewerber und Partei in die gleiche Richtung marschierten. Steinbrück als Verfechter der Hartz-Gesetze und der Reform-«Agenda 2010» ist besonders bei SPD-Linken umstritten.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe interpretierte Gabriels Angriffe auf Merkel als SPD-intern begründet: Dieser sei «gefrustet, weil er in der Kanzlerkandidatensuche seiner Partei keine Rolle spielt».

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10.07.2011 · 18:59 Uhr
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