Scharfe Kritik an Hollands Hilfe für Irak-Invasion

Den Haag/London (dpa) - Fast sieben Jahre nach der US-Invasion im Irak ist der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende von einer unabhängigen Kommission für seine politische Unterstützung des Krieges scharf kritisiert worden.

Anders als dies 2003 von Balkenendes Regierung in der Öffentlichkeit vertreten wurde, habe es für die Invasion keine völkerrechtlich hinreichende Legitimation durch die Vereinten Nationen gegeben, sagte der Kommissionsvorsitzende Willibrord Davids am Dienstag bei der Vorlage eines mit Spannung erwarteten Untersuchungsberichtes. In London enthüllte ein Vertrauter des früheren britischen Premierministers Tony Blair, dieser habe schon lange vor der Irak-Invasion den USA militärische Hilfe zugesagt.

Allerdings habe Blair bis kurz vor dem Einmarsch gehofft, dass die Krise um angebliche Massenvernichtungswaffen des Regimes von Saddam Hussein noch friedlich gelöst werden könne, sagte Blairs ehemaliger Sprecher und engster Vertrauter Alastair Campbell vor dem Irak- Untersuchungsausschuss. Campbell bestritt zugleich, dass er einen Regierungsbericht frisiert habe, um die Existenz von Massenvernichtungswaffen zu belegen.

In den Niederlanden kam die sogenannte Davids-Kommission zu dem Schluss, dass die seinerzeit von der Regierung in Den Haag angeführten UN-Resolutionen zur mangelnden Kooperation des irakischen Diktators mit den UN-Waffeninspekteuren «kein adäquates völkerrechtliches Mandat» für einen Krieg waren. Zugleich stellten die Ermittler fest, dass der Regierung dieser Sachverhalt durchaus klar gewesen sein könnte.

Den Umgang mit einem Geheimdossier, in dem Experten des niederländischen Außenministeriums warnten, ein Angriff auf den Irak könne gegen das Völkerrecht verstoßen, habe Balkenende fast vollständig dem damaligen Außenminister Jaap de Hoop Scheffer überlassen. Der christdemokratische Parteifreund Balkenendes wurde wenig später NATO-Generalsekretär. Davids betonte aber, dass es für Vermutungen, wonach De Hoop Scheffer von den USA für sein Stillhalten mit dem prestigeträchtigen NATO-Chefposten belohnt worden sei, keinerlei Beweise gebe. Auch Wirtschaftsinteressen hätten für die Niederlande bei der Unterstützung der Invasion keine Rolle gespielt.

Balkenende hatte die Untersuchung der politischen Unterstützung seiner Regierung für das Vorgehen der USA unter Präsident George W. Bush gegen den Irak jahrelang verhindert. Erst nachdem die Zeitung «NRC Handelsblad» Anfang vergangenen Jahres an das Geheimdossier gelangte und darüber berichtete, sah sich Balkenende gezwungen, dem Drängen der Opposition sowie der inzwischen an der Regierung beteiligten Sozialdemokraten nach einer unabhängigen Untersuchung nachzugeben. Die Veröffentlichung brachte die Niederlande als Gastland der wichtigsten internationalen Gerichtshöfe für Staats- und Völkerrecht in eine peinliche Situation.

Die 2003 von Balkenende geführte bürgerlich-liberale Regierung hat die Irak-Invasion nach Erkenntnissen der Davids-Kommission allerdings tatsächlich nicht militärisch unterstützt - auch nicht insgeheim, wie dies vereinzelt behauptet worden war. Erst nach dem Sturz Saddam Husseins schickten die Niederlande Soldaten zur Unterstützung der US- geführten Koalitionstruppen in den Irak.

Vertrauter: Blair sicherte Bush frühzeitig Hilfe zu

Blair habe noch bis März 2003 gehofft, dass der Irak auf diplomatischem Wege mit Hilfe der Vereinten Nationen entwaffnet werden könne, sagte Campbell in London. Allerdings habe er bereits 2002 Bush schriftlich versichert, dass Großbritannien an der Seite der USA stehe, falls es keine friedlichen Lösungen gebe. Blair habe fest daran geglaubt, dass es ohne einen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen zur Konfrontation mit Saddam kommen müsse. «Er tat das nicht, weil George Bush das wollte, das war seine feste Überzeugung.» Der Ausschuss untersucht seit vergangenem Jahr die umstrittene Entscheidung der britischen Regierung für den Einmarsch in den Irak.

Konflikte / Niederlande / USA / Irak
12.01.2010 · 16:44 Uhr
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