Reggie Fils-Aimé über die Switch 2: „Ein Launch, der mich kurz zweifeln ließ“
Wenn Reggie Fils-Aimé spricht, hört die Gaming-Welt aufmerksam zu. Der frühere Präsident von Nintendo of America hat die Gewohnheit, seine Worte mit Bedacht zu wählen – und dennoch saß in seinem jüngsten Interview mit The Game Business zwischen den Zeilen eine gehörige Portion Verwunderung. Obwohl die Nintendo Switch 2 einen beachtlichen Start hinlegte, blieb der langjährige Branchenstratege nicht unkritisch gegenüber der Spielauswahl zum Launch: „Als ich das Line-up sah, habe ich mir ehrlich gesagt am Kopf gekratzt.“
Er erinnerte daran, dass die Hybridkonsole nur mit Mario Kart World an den Start ging, während Donkey Kong Bananza erst kurz darauf folgte. Für jemanden, der selbst über ein Jahrzehnt Nintendos Markenzugnisse geprägt hatte, wirkte das zunächst wie ein seltsam karges Angebot. Gleichzeitig räumte Fils-Aimé ein, dass er den Wert der aufgefrischten Titel aus der ersten Switch-Ära unterschätzt hatte – vor allem jene Inhalte, die im Rahmen des Nintendo Switch Online-Services kostenlos angeboten werden. „Das war clever – und es hat sicher geholfen, den Schwung aufrechtzuerhalten.“
Eine Konsolenstrategie jenseits der Konkurrenz
Trotz seiner Skepsis gegenüber der Startaufstellung zeigte Fils-Aimé großen Respekt für Nintendos langfristige Denkrichtung. Während Sony und Microsoft mit Hardware-Power und Blockbuster-Serien prahlen, bleibt Nintendo seiner Linie treu: kreative Spielerlebnisse, die Emotion und Nostalgie vereinen. Der Ex-Präsident betonte, dass sich das Unternehmen nicht als direkter Konkurrent zu PlayStation oder Xbox verstehe. Innovation stehe über Konfrontation. „Es liegt nicht in ihrer DNA, das Geschäft auf diese Weise zu denken,“ erklärte er. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die wachsende Bedeutung von Core-Gaming-Inhalten – also Spielen wie Assassin’s Creed oder Call of Duty, die auf Switch 2 ein größeres Publikum finden könnten.
Die überraschende Xbox-Zurückhaltung
Mit einem kritischen Blick richtete Fils-Aimé seine Aufmerksamkeit auf Microsoft. Trotz der Leistungsfähigkeit der Switch 2 – die neue Plattform schafft problemlos Ports vieler moderner Spiele – blieb Xboxs Engagement erstaunlich gering. „Ich dachte, wir würden zu dieser Jahreszeit mehr Ankündigungen sehen,“ so Fils-Aimé. Seine Worte wirken fast wie ein Weckruf an die Branche: Wer die Switch 2 ignoriert, verpasst womöglich eine Plattform mit enormem Publikum.
Ein Jahr der Veränderung und Erwartung
Inzwischen hat sich das Spieleangebot deutlich erweitert. Titel wie Pokémon Legends: Z-A, Hyrule Warriors: Age of Imprisonment, Kirby Air Riders und das lang ersehnte Metroid Prime 4: Beyond füllen die Bibliothek weiter. Nintendo hat den anfänglichen Mangel mit beeindruckender Vielfalt ausgebügelt – und Fils-Aimés Kritik zeigt letztlich eine gesunde Distanz: den prüfenden Blick eines Mannes, der weiß, wie schnell Erfolg und Selbstzufriedenheit verschwimmen können.


