Rebellen stürmen Gaddafi-Residenz in Tripolis

Tripolis (dpa) - Libyens Rebellen im Zentrum der Macht: Nach erbitterten Kämpfen haben die Aufständischen am Dienstag die schwer befestigte Residenz Muammar al-Gaddafis erstürmt.

Hunderte von Kämpfern und Bewohner drangen am Nachmittag auf das etwa sechs Quadratkilometer große Gelände der Anlage Bab al-Asisija im Zentrum der Stadt vor und feierten spontan ihren Sieg über den Diktator. Der Aufenthaltsort Gaddafis blieb aber auch nach dem Sturm seiner Residenz unbekannt.

Gaddafis Sohn Saif al-Islam, dessen Gefangennahme die Rebellen am Montag verkündet hatten, strafte unterdessen seine Gegner Lügen. Rund 24 Stunden nach den Meldungen über seine Festnahme fuhr der 39-Jährige in der Nacht zum Dienstag vor dem Journalisten- Hotel Rixos in Tripolis vor. Die Stadt sei in Regierungshand, behauptet er. «Wir haben den Rebellen das Rückgrat gebrochen», sagte er vor jubelnden Anhängern. Seit dem Einmarsch der Aufständischen in Tripolis hat es dort nach deren Angaben mehr als 2000 Tote gegeben. Von unabhängiger Seite konnte dies nicht bestätigt werden.

Für die Nato spielt Gaddafi offiziell keine Rolle mehr. Das Gaddafi-Regime sei am Ende, sagte in Neapel Nato-Militärsprecher Roland Lavoie. «Seine Präsenz hat ohnehin nur noch symbolischen Wert für seine Anhänger.» Die Lage in Tripolis stufte der Oberst als «sehr komplex» ein, da Häuserkampf eigene Regeln habe und sehr schwierig sei.

Dennoch bleibe Libyen für die Nato weiterhin «eine 24/7-Operation» - also mit Einsätzen rund um die Uhr. Ein Eingreifen von Kampfjets der Nato zur Unterstützung der Aufständischen gebe es nicht. «Wir stehen auch nicht in direktem Kontakt mit den Rebellen, um irgendwelche Angriffe zu koordinieren.» Dies bedeute nicht, dass es keine Nato- Luftschläge gegen den Gaddafi-Stützpunkt geben könne, so der Sprecher. «Wir bombardieren, wenn von einem Ziel eine Gefahr für die Zivilbevölkerung ausgeht.»

In Tripolis drangen die Aufständischen am Nachmittag in den Gaddafi-Stützpunkt in Tripolis ein. In der Residenz verschanzte Kämpfer Gaddafis gaben den Widerstand nach blutigen Kämpfen auf und flüchteten, wie die Rebellen mitteilten. Einige Kämpfer hätten sich ergeben. Auf Live-Bildern von Al-Dschasira war die von Einschusslöchern übersäte Front von Gaddafis Haus zusehen.

Davor versuchten Kämpfer, eine riesige Skulptur zu zerstören: eine goldene Hand, die symbolisch ein US-Kampfflugzeug zerquetscht. Einige Rebellen kickten eine vergoldete Gaddafi-Maske hin und her. Al-Dschasira zeigte Bilder eines Rebellen, der ein vergoldetes Kalaschnikow-Sturmgewehr erbeutet hatte. Rebellen öffneten die Waffenkammern in dem Komplex und plünderten diese. Auf CNN und Al-Dschasira waren Aufständische zu sehen, die Waffen und Munition aus der Anlage trugen.

Kurz zuvor hatte der US-Sender CNN berichtet, dass die Aufständischen nach kurzem Gefecht den internationalen Flughafen von Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Nach einem Bericht der britischen BBC waren auch Kämpfe in der Nähe des Journalisten-Hotels Rixos aufgeflammt. Reporter berichteten von heftigen Schusswechseln und schweren Explosionen.

Der Nationale Übergangsrat der Gaddafi-Gegner trieb unterdessen die Vorbereitungen für eine Machtübernahme voran. «Es wird dann sogleich eine provisorische Regierung eingesetzt», sagte der auf der Seite der Rebellen stehende libysche Botschafter in Rom, Hafed Gaddur, der Zeitung «Il Messaggero» (Dienstag). «Innerhalb eines Monats werden dann Wahlen für eine Nationalversammlung organisiert, aus der eine Verfassungskommission hervorgehen wird», erläuterte Gaddur. Über deren Arbeit solle per Referendum entschieden werden.

«Sobald die Verfassung angenommen ist, wird es freie und demokratische Wahlen geben», fügte er an. Das Volk werde einem Gang Gaddafis ins Exil nicht zustimmen, «ihm muss der Prozess gemacht werden für die Verbrechen, die er gegen sein Volk begangen hat».

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen befürchtet, Auslandskorrespondenten könnten in Libyen ins Visier von Gaddafi-treuen Heckenschützen geraten. Momentan sei dies eine der größten Gefahren für Journalisten im Kriegsgebiet, sagte die Leiterin des Referats für den Nahen Osten und Nordafrika, Soazig Dollet, am Dienstag in Paris. «Das ist kein Platz für Anfänger.»

In den Krankenhäusern in Tripolis und Umgebung spitzte sich die Versorgungslage nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu. «Einigen Krankenhäusern sind lebensrettende Medikamente und medizinisches Material ausgegangen», teilte Nothilfekoordinator Jonathan Whittal am Dienstag mit. «Es gibt Probleme mit der Stromversorgung und zu wenig Treibstoff für Krankenwagen und wichtige medizinische Geräte.»

Der Übergangsrat der libyschen Rebellen soll innerhalb der nächsten Tage aus Deutschland das erste Geld aus einem Regierungsdarlehen über insgesamt 100 Millionen Euro erhalten. Dies kündigte Außenminister Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin an. «Das Land darf jetzt nicht in der Zeit nach Gaddafi in Chaos versinken, sondern muss zurückfinden zu geordneten Verhältnissen», sagte Westerwelle. Auch Österreich will eingefrorene Gaddafi-Gelder für den Übergangsrat freigeben.

Konflikte / Libyen
23.08.2011 · 21:36 Uhr
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