Porträt: Gabriel strebt nach dem SPD-Vorsitz

Berlin (dpa) - Er führte seinen eigenen Wahlkampf und war dabei der erfolgreichste Genosse. Gerade 50 Jahre alt geworden, griff Bundesumweltminister Sigmar Gabriel in den vergangenen Wochen die Atompolitik vom Union und FDP scharf an.

26 Jahre alte Akten aus der Ära von Kanzler Helmut Kohl (CDU), die eine zu einseitige Festlegung auf Gorleben als mögliches Atomendlager nahelegten, lieferten ihm reichlich Wahlkampfmunition. Fast täglich legte er nach und strotzte vor Selbstbewusstsein. Seine pointierte Zuspitzung verschaffte ihm Anerkennung - nicht nur in den eigenen Reihen. Nun, da er sein Ministerium räumen muss, sich aber zu jung für den politischen Vorruhestand hält, strebt er offensichtlich nach dem SPD-Vorsitz.

Der gewichtige Genosse hat ein Näschen für Themen und attraktive Bilder. Er gilt als politisches Naturtalent - wenn nötig, fährt er kurzerhand in das Salzbergwerk Asse ein, um den Leuten den Schlamassel der 126 000 eingelagerten Fässer mit Nuklearabfällen vor Augen zu führen. Der SPD-Politiker agiert aber auch an wenig spektakulären Orten wie zum Beispiel in Bürgerversammlungen.

Als möglicher SPD-Chef müsste er nach dem historischen Wahldebakel - die SPD bekam mit 23 Prozent fast nur noch halb so viel Zuspruch wie bei Gerhard Schröders Wahlsieg 1998 - die Flügelkämpfe beenden und die SPD komplett neu aufstellen. Besonders die Basis müsste daran beteiligt werden.

Zentrale Fragen sind: Wie hält es die SPD mit der Linken? Soll sie mit der Agenda-2010-Politik Schröders brechen? Was sagt die Partei zur Rente ab 67? Nicht nur die Wahlverluste stellen die SPD vor eine Zerreißprobe. Die Partei ist überaltert, und sie hat nur noch rund 513 000 Mitglieder - in den 70ern wurde die Millionengrenze geknackt.

Seit 1977 SPD-Mitglied, hat Gabriel, der einstige Lehrer, schon von der Jugend an die Mühlen der Partei durchlaufen. 1987 wurde er Kreistagsabgeordneter des Landkreises Goslar, es folgte eine längere Periode als Mitglied des niedersächsischen Landtags, von 1999 bis 2003 war er dort Ministerpräsident. Nach seiner Abwahl brachte ihm ein Intermezzo als Pop-Beauftrager der Sozialdemokraten (2003 bis 2005 - Spitzname «Siggi Pop») eher Spott als Anerkennung ein. Mit dem Ministeramt in der großen Koalition ging es politisch wieder aufwärts.

Gabriel war es, der nicht nur mit seiner Atompolitik punktete. Er erkannte den Klimaschutz als Jobmotor. Schon früh hatte er seit seinem Amtsantritt im Herbst 2005 Kontakt zur IG Metall aufgenommen und mit ihr den Zusammenhang von moderner Umwelttechnik und der Schaffung neuer Arbeitsplätze erörtert. Abgesichert wurde das durch Beratungsfirmen wie McKinsey. Das Ziel des gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, bis 2020 vier Millionen Jobs zu schaffen, geht darauf zur Hälfte zurück.

Gabriel empfahl sich mit seinem Agieren nach Expertenangaben in der eigenen Partei zuletzt für Höheres - auch wenn die Parteilinken Vorbehalte gegen den schwer zu bändigenden «Netzwerker» vom SPD-Reformflügel geltend machen. Er galt vor der Wahl als Kandidat für den Fraktionsvorsitz, den nun aber Steinmeier übernimmt. Bleibt nach dem angekündigten Rückzug von Parteichef Franz Müntefering das höchste Amt, das die Sozialdemokraten zu vergeben haben. Zuletzt war es aber mit vier Wechseln seit 2004 eher ein Schleudersitz.

Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte aus seinen Erfahrungen mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten in Hannover eine freundliche Distanz zu Gabriel geschaffen. Erst kürzlich sagte Schröder im Rahmen einer Geburtstagsfeier des jetzt 50-Jährigen auf Fragen, was er von Gabriel halte: «Er hat viel vor, aber er hat auch noch viel vor sich.»

Parteien / SPD
29.09.2009 · 17:47 Uhr
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