Neonazi-Krawalle in Gera und Pirna

Dresden (dpa) - Am 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens haben weit mehr als 10 000 Menschen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt und den Aufmarsch einiger Tausend Neonazis vereitelt. Auf dem Heimweg randalierten die Neonazis jedoch in Gera und Pirna.

Linke Gegendemonstranten blockierten am Samstag in Dresden über Stunden den Zugang zur vorgesehenen Marschroute und machten es damit unmöglich, dass rund 6400 Rechtsextreme aus dem In- und Ausland durch die Stadt ziehen konnten. Dresden habe den Neonazis klar die Stirn geboten, sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Es kam zu vereinzelten Auseinandersetzungen. Auf der Heimreise randalierten am Abend mehrere hundert Neonazis in Gera und Pirna.

Bei der Zerstörung der Elbestadt am 13./14. Februar 1945 waren bis zu 25 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Alliierten warfen mehr als 3700 Tonnen Bomben ab. Das Flammeninferno vernichtete rund 25 000 Häuser und 90 000 Wohnungen. Seit etwa 20 Jahren wird der Tag von Rechtsextremen für Aufzüge missbraucht.

Etwa 10 000 Menschen, darunter Regierungschef Tillich und mehrere Landesminister, Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) und Politiker aller Parteien wie Grünen-Chefin Claudia Roth sowie Gewerkschafts- und Kirchenvertreter reichten sich in der Altstadt für etwa eine Stunde die Hände zu einem schützenden Ring um die Altstadt.

Tausende Anhänger des linken Bündnisses «Nazifrei! Dresden stellt sich quer» hatten durch Sitzblockaden um den Neustädter Bahnhof bereits die Anreise der meisten Neonazis zum Treffpunkt verzögert. Später durfte sich der Neonazi-Aufmarsch wegen der massiven Blockaden aus Sicherheitsgründen nicht in Bewegung setzen.

Bei Auseinandersetzungen wurden auch Polizisten angegriffen sowie mit Feuerwerkskörpern und Flaschen beworfen. Zwölf Reisebusse und acht Autos sowie zahlreiche Geschäfte wurden beschädigt, wie die Polizeidirektion Dresden am Sonntag mitteilte. Wasserwerfer wurden eingesetzt. Mindestens 27 Menschen seien verletzt worden, darunter 15 Beamte. 29 Demonstranten kamen vorübergehend in Gewahrsam. Acht Personen wurden wegen Sachbeschädigung festgenommen.

Hunderte Neonazis lieferten sich am späten Samstagabend auf dem Rückweg im thüringischen Gera und sächsischen Pirna Auseinandersetzungen mit der Polizei. In Gera unterbanden die Beamten einen spontanen Aufmarsch. Dabei überrannten Rechtsextreme Polizisten, zerbeulten Polizeifahrzeuge und beschädigten eine Skulptur vor dem Stadtmuseum. 183 Neonazis wurden wegen Landfriedensbruchs vorläufig festgenommen. In Pirna versammelten sich etwa 400 Rechtsextreme. Dabei sei es ebenfalls zu Sachbeschädigungen gekommen, teilte die Polizei mit. Bereits im Vorjahr gab es nach dem Dresden-Gedenktag Gewaltexzesse.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles lobte den Widerstand gegen den Neonazi-Aufmarsch als großen Erfolg. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus sei «eine Frage demokratischer Selbstachtung», erklärte sie in Berlin. Der Linken-Vize Klaus Ernst bezeichnete den friedlichen Protest gegen Neonazis als ein «Mut machendes Zeichen». Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der die Bombennacht als Zwölfjähriger überlebt hatte, sagte am Abend bei der Gedenkveranstaltung: «Wir sind geradezu verpflichtet, von Dresden aus immer wieder ein Signal für Frieden und Völkerverständigung, für Demokratie und Menschenrechte in die Welt zu senden.»

Am späten Abend versammelten sich Hunderte Menschen mit brennenden Kerzen vor der Frauenkirche. Zum Zeitpunkt der ersten Angriffswelle auf Dresden gegen 22.00 Uhr läuten jedes Jahr die Glocken aller Dresdner Kirchen. Am Sonntag wurde der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow mit dem «Dresden-Preis» ausgezeichnet. Er habe zum friedlichen Verlauf der demokratischen Umwälzung in Deutschland und Osteuropa beigetragen, hieß es zur Begründung.

Geschichte / 13. Februar
14.02.2010 · 16:50 Uhr
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