Nach Klimagipfel: Europa fordert UN-Reform

London/Brüssel/Berlin (dpa) - Nach dem Desaster beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen ist eine Debatte um die Reform der Vereinten Nationen entbrannt. Großbritanniens Premierminister Gordon Brown sagte, die Verhandlungen seien «im besten Falle mangelhaft, im schlechtesten chaotisch» gewesen.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sieht in den kommenden Monaten viel Arbeit auf die Staatengemeinschaft zukommen: Ihre Aufgabe sei es nun, die Länder zu einheitlichen Handlungen für den Klimaschutz zu bewegen, sagte Ban in New York nach seiner Rückkehr aus Kopenhagen. Die EU-Umweltminister wollen an diesem Dienstag in Brüssel über die Ergebnisse des Weltklimagipfels beraten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft auf ein weltweites Klima-Abkommen im kommenden Jahr. Dann gehe es in Bonn (Juni) und Mexiko (November) endlich um verbindlich festgelegte Klimaschutzziele, sagte sie am Montag in Berlin. Die Kanzlerin sagte, sie halte an den deutschen Klimaschutzzielen fest, die Emissionen würden bis 2020 um 40 Prozent gesenkt. Opposition und Umweltverbände fordern jedoch weitergehende Zusagen.

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander machte sich als Konsequenz aus Kopenhagen für einen globalen Ausbau der Atomenergie stark. «Ich glaube schon, dass die Kernenergie weltweit neu ausgebaut werden muss, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen», sagte er in Hannover. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) teilte mit, das zu Ende gehende Jahrzehnt sei in Deutschland das wärmste seit mindestens 130 Jahren gewesen.

Hohe EU-Kommissionsbeamte sagten in Brüssel, der gesamte Verhandlungsprozess sei «erschreckend» gewesen. «Wir haben klar die Grenzen des Systems gesehen.» Es gebe aber keine Alternative zu den UN. Deshalb müsse jetzt darüber nachgedacht werden, wie die Entscheidungsprozesse reformiert werden könnten.

Brown forderte die Bildung einer «zentralen Instanz», um künftige Verhandlungen zu leiten. Nähere Details nannte er nicht, auch nicht, ob dies inner- oder außerhalb der UN stattfinden solle. «Eine der Sachen, die mich frustriert haben, war das Fehlen einer globalen Instanz mit der alleinigen umweltpolitischen Verantwortung.» Die Verhandlungen laufen seit Anfang der 90er Jahre unter dem Dach des UN-Klimasekretariats (UNFCCC).

Aus Kreisen der Europäischen Kommission hieß es, die Erdöl produzierenden Länder Sudan, Bolivien, Venezuela und Nicaragua seien in Kopenhagen auf Blockadekurs gegangen und hätten erneut die UN für ihre eigenen Zwecke missbraucht. Der britische Umweltminister Ed Miliband wies China wesentliche Schuld zu.

Delegierte aus 193 Staaten waren am Samstag nach einem knapp zweiwöchigen, beispiellosen Verhandlungsmarathon mit dem Vorhaben gescheitert, sich auf ein politisch verbindliches Abkommen zum Schutz des Klimas zu einigen. Sie nahmen lediglich ein vages Kompromisspapier zur Kenntnis.

Miliband schrieb in einem Beitrag für die Zeitung «The Guardian» (Montag), China habe gegen die Einigung bei der Reduzierung von Treibhausgasen sein Veto eingelegt und damit ein Abkommen verhindert. Die Mehrheit der Länder sei davon überzeugt gewesen, dass ein verbindlicher Vertrag nötig sei, um die Erde vor dem Klimawandel zu schützen. «Manche führenden Entwicklungsländer heißen das derzeit jedoch nicht gut.» Der Gipfel in Kopenhagen sei von «verfahrenstechnischen Spielchen» gekennzeichnet gewesen.

Auch UN-Generalsekretär Ban zeigte sich ernüchtert. «Eines habe ich aus dem Kopenhagener Prozess gelernt: Die Politiker waren in ihren Zielen vereint, aber nicht in ihren Handlungen», sagte er. Jetzt müssten sich die führenden Politiker der Welt mit aller Kraft darauf konzentrieren, im Jahr 2010 ein rechtlich bindendes Abkommen zu erreichen.

UN / Klima / Gipfel
21.12.2009 · 17:39 Uhr
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