Kontroverse um Bürgergeld: Koalitionsstreit über FDP-Forderungen nach härteren Sanktionen
Die Debatte um das neu eingeführte Bürgergeld nimmt an Schärfe zu, nachdem die FDP mit einem neuen Vorschlag für härtere Sanktionen bei Arbeitsverweigerung in die Kritik geraten ist. Während die Liberalen nach mehr Leistungsgerechtigkeit streben, sieht die SPD darin einen Angriff auf Arbeitnehmerrechte und den sozialen Staat. In einem von der Partei erarbeiteten Beschlusspapier, über das zuerst die "Bild am Sonntag" berichtete und welches der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird gefordert, dass Bürgergeldempfänger bei mutwilliger Jobablehnung nun sofortige Kürzungen von 30 Prozent ihrer Leistungen hinnehmen müssen – ein scharfer Kontrast zu dem bisherigen gestuften Kürzungssystem.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lehnt die Vorschläge strikt ab und betont, die Pläne seien "nicht auf der Höhe der Zeit". Johannes Vogel, FDP-Vizechef, kontert mit dem Hinweis auf den schwächelnden Wirtschaftsstandort Deutschland, der auch einen starken Sozialstaat voraussetze; die Koalitionspartner müssten daher das gemeinsame Ziel einer erfolgreichen Wirtschaftswende verfolgen. Das FDP-Papier soll in der Parteispitze diskutiert und zur Abstimmung beim Parteitag vorgelegt werden.
Während die Grünen sich initial nicht zu den Vorschlägen äußern wollten, kam von der Partei Die Linke umgehend starke Kritik: Vorsitzender Martin Schirdewan bezeichnet das Papier als "Dokument der sozialen Grausamkeit".
Die Reform des Bürgergelds, welche das umstrittene Hartz-IV-System ablöst, hat die Bundesregierung – trotz Dauerkritik, insbesondere vonseiten der Union – mit gemilderten Sanktionsmöglichkeiten versehen, um auf Kooperation statt Druck zu setzen. Ein erst kürzlich beschlossener Regelverschärfung zufolge können nun Totalverweigerer bis zu zwei Monate des Bürgergeldes verlieren. Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnet für das Jahr 2023 nur einen Bruchteil von Sanktionen im Vergleich zu den Vor-Pandemie-Jahren, was auf die gelockerten Sanktionsmechanismen zurückgeführt wird.
Das Bundesarbeitsministerium sieht in den neuen Regeln eine Chance auf Minderausgaben und eine präventive Wirkung. Arbeitsmarktexperten bleiben hinsichtlich der verschärften Regelungen skeptisch, da die Identifikation von "schwarzen Schafen" unter Leistungsbeziehern eine Herausforderung darstellt. (eulerpool-AFX)