Kim Jong Un - Jungdiktator mit Zahnpastalächeln
Kim Jong Un vergnügt in der Achterbahn, Kim Jong Un mit Sonnenhut und verschmitztem Lächeln am Pool, Kim Jong Un bester Dinge beim Oktopus-Tätscheln. So wohlgelaunte Bilder von einem «Obersten Führer» Nordkoreas haben die Welt selten erreicht. Es sind Schnappschüsse, die Offenheit, Lockerheit und vor allem viel Lächeln transportieren sollen. Dinge, die man bisher mit dem diktatorischen Regime in Nordkorea nicht unbedingt in Verbindung brachte.
Dazu gewährte Kim Jong Un in den vergangenen Tagen ungewöhnlich viele Einblicke. War das Privatleben des nordkoreanischen Machthabers unter Kim Jong Il stets ein Tabu gewesen, war Kim Jong Un nun gleich mehrfach in Begleitung einer jungen Frau zu sehen. Unter seinem Vater wären solche Fotos undenkbar gewesen.
Das Negativimage aufpolieren
Dass Kim Jong Un diese hermetische Abriegelung nun aufbricht, dürfte als Bestandteil einer Charmeoffensive zu verstehen sein. Hauptziele: Ein freundlicheres Image und die Demonstration, dass es sich bei dem jungen Machthaber um einen erwachsenen Mann handelt. Das forcierte Kim Jong Un auch, indem er die Spekulationen über seine weibliche Begleitung beendete. Beinahe beiläufig erwähnte das nordkoreanische Staatsfernsehen in einem Bericht, dass es sich bei der Frau an seiner Seite um seine Gattin Ri Sol Ju handle. Ein ganzer Schwung an Fotos von der Einweihung eines Vergnügungspark präsentierte der Weltöffentlichkeit das junge Glück.
Doch die neue Offenheit des Führers hat ihre Grenzen. Über sein wahres Alter herrscht weiter Rätselraten, auch Spekulationen, dass Kim Jong Un und seine Gattin längst ein gemeinsames Kind haben, erfahren aus Pjönjang weder Widerspruch noch Bestätigung. Die Kenntnisse über Ri Sol Ju halten sich ebenfalls in Grenzen. Spekuliert wird, dass Sol Jul 1984 geboren wurde und Sängerin sei. Möglicherweise wurde sie sogar noch von Kim Jong Il als Ehefrau für seinen Sohn auserwählt.
«Warmherzige Liebe unseres großherzigen Führers»
Bei aller demonstrativ guten Laune: Anzeichen für einen politischen Frühling sind in dem von Armut gebeutelten Land auch unter Kim Jong Un nicht zu erkennen. Die Abschottung gegenüber dem Westen hält an, die obligatorischen Angriffsdrohungen in Richtung Südkorea haben sich im vergangenen halben Jahr eher noch verschärft. Wie tief der Führerkult bei den oft bitterarmen Menschen in dem kommunistischen Land verankert ist, demonstrierte die Danksagung des ersten nordkoreanischen Olympiasiegers.
Der Gewichtheber Om Yun-Chol hatte sich soeben mit einer unglaublichen Steigerung um 22 Kilo die Goldmedaille gesichert, als ihm die unvermeidliche Frage nach der Ursache des plötzlichen Leistungsschubs gestellt wurde. «Es gibt keine Geheimnisse», gab der 20-Jährige brav zu Protokoll und offenbarte seine tiefe Zuneigung zum Vater von Kim Jong Un. «Der Grund für diese Steigerung, durch die ich Gold gewonnen habe, ist die warmherzige Liebe unseres Großen Führers Kim Jong Il», so Om Yun-Chol. Eine Antwort, die nicht nur bass erstaunte Journalisten zurückließ. Auch Dopingverdächtigungen lassen sich so wirkungsvoll entkräften. In Pjöngjang wird man Om Yun-Chols Liebesbeweis dagegen mit einem Lächeln vernommen haben.