IDnow peilt 150 Mio. Euro Umsatz an – neuer Eigentümer finanziert Expansion
Ein spektakulärer Exit – und ein klarer Plan
Im März hat der New Yorker Finanzinvestor Corsair die noch fehlenden Anteile von IDnow gekauft. Die Bewertung lag bei rund 300 Millionen US-Dollar, einer der größten Fintech-Deals des Jahres in Deutschland. CEO Andreas Bodczek spricht zum ersten Mal öffentlich über die Hintergründe – und über seine Vision.
IDnow ist heute ein zentraler Partner für Online-Identitätsprüfungen bei Banken, Fintechs und Versicherungen. Unternehmen wie N26, Klarna oder die Commerzbank nutzen dessen Technologie, um neue Kunden digital zu identifizieren. Das bisherige Kerngeschäft basiert vor allem auf Videoident, einem Verfahren, bei dem sich Nutzer per Videochat ausweisen.
Regulatorischer Umbruch eröffnet Marktchance
Doch ausgerechnet diese Technologie verliert an Bedeutung. Hintergrund sind neue EU-Verordnungen, die die Identitätsprüfung umfangreicher und technischer machen. Videoident wird künftig nur noch ein Baustein sein. Stattdessen entsteht ein Mix aus automatisierten Prüfungen, digitalem Ausweis und der kommenden europäischen EUDI-Wallet.
Für Bodczek ist das ein Wendepunkt. Er sieht darin keinen Verlust, sondern ein Marktfenster. Je komplexer die Regulierung, desto größer der Bedarf an Skalierung. Genau dort setzt IDnow an.
Der nächste Schritt: Eine europäische Trust-Plattform
IDnow arbeitet an einer zentralen Plattform, über die Banken, Fintechs und andere Unternehmen sämtliche Identitätsprüfverfahren aus einer Hand bekommen. Keine fragmentierten Lösungen, keine Integrationshölle, sondern ein kompletter End-to-End-Ansatz. Die Plattform soll 2026 starten und europaweit ausgerollt werden.
Wachstum statt Konsolidierung
Bodczek plant kein vorsichtiges Weiterwachsen, sondern setzt auf Geschwindigkeit. Er will in drei Jahren um 50 bis 70 Prozent wachsen. Mit der Finanzkraft von Corsair sollen nicht nur Produkte ausgebaut, sondern auch Übernahmen möglich werden. IDnow soll zu einem europäischen Marktführer aufsteigen – in einem Feld, das derzeit global umkämpft ist.
Kampf gegen KI-Betrug und Deepfakes
Gleichzeitig wird Identitätsbetrug durch künstliche Intelligenz immer raffinierter. Deepfakes können Videoident manipulieren. Deshalb setzt IDnow auf Verfahren, in denen automatisierte Systeme und menschliche Prüfer gemeinsam arbeiten. Bodczek erklärt, dass dies ein Vorteil gegenüber rein digitalen Lösungen sei: Betrugsversuche können besser identifiziert werden.
Ausblick
IDnow ist kein Start-up in der Experimentierphase mehr. Es tritt an, einer der europäischen Infrastrukturbetreiber für digitale Identität zu werden. In einem Markt, der durch Regulierung, Sicherheit und Vertrauen geprägt ist, könnte das Geschäftsmodell stabiler und skalierbarer sein als bei vielen klassischen Fintechs.
Der Plan ist klar: Nicht nur wachsen, sondern europäische Standards definieren.


