Grüne wollen sich neuen Machtoptionen öffnen

Berlin (dpa) - Die Grünen wollen mit teils neuem Spitzenpersonal und mehr strategischer Offenheit ihr Tief überwinden. Die Weichen für mögliche Machtoptionen jenseits alten Lagerdenkens - sowohl Rot-Rot-Grün als auch eine Koalition mit CDU/CSU - stellte ein Grünen-Parteitag am Wochenende in Berlin.

Ob die Neuaufstellung die Phase der Orientierungslosigkeit beenden kann, blieb offen. Der Abschied der Parteichefin Claudia Roth und ein bewegender Auftritt von Lampedusa-Flüchtlingen berührten die rund 800 Delegierten am stärksten.

Vier Wochen nach dem Wahldesaster im Bund rief Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt für 2017 schon das Projekt 16,8 Prozent aus: die Verdoppelung des jüngsten schlechten Resultats. Die Partei sortierte ihre Führung neu: Die Doppelspitze mit der neu gewählten Vorsitzenden Simone Peter und dem im Amt bestätigten Cem Özdemir (beide 47) sollen für Aufbruch und Strategiewechsel sorgen.

Peter und Özdemir erhielten mit 75,9 Prozent und 71,4 Prozent der abgegebenen Stimmen eher magere Zustimmungswerte. Vor einem Jahr hatte Özdemir noch 83,3 Prozent bekommen. Der Vorstand hatte nach der Wahlniederlage seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt - Özdemir kandidierte jedoch erneut, musste dafür einen Dämpfer hinnehmen. Nun mahnte er Geschlossenheit an: «Vielleicht sollten wir künftig auch dafür sorgen, dass der Mitgliedsausweis bei den Grünen entscheidend ist und nicht der Mitgliedsausweis bei einem Flügel.»

Peter kündigte an: «Selbstbewusst, eigenständig und ohne Scheuklappen - so möchte ich mit Euch unsere Partei führen.» Sie folgt als Vertreterin des linken Parteiflügels Claudia Roth, die sich mit einer emotionalen Rede und Tränen der Rührung von den Delegierten verabschiedete.

Die Lage der Grünen als kleinste Oppositionspartei im Bund ist schwierig: Eingekeilt zwischen der sich abzeichnenden großen Koalition und der Linkspartei. SPD-Chef Sigmar Gabriel gratulierte dem Spitzenduo zur Wahl. Er bedauerte, dass es bei der Bundestagswahl am 22. September zu einer rot-grünen Mehrheit nicht reichte. «Dennoch hoffe ich auch in Zukunft auf eine konstruktive Zusammenarbeit, in der die Gemeinsamkeiten, die uns verbinden, immer wieder deutlich werden.»

Peter sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zur Rolle der Grünen als Opposition im Bund und als Regierungspartei in Ländern: «Das ist natürlich schwieriger als vorher.» Wenn die SPD in eine Koalition im Bund involviert sei, werde es nicht leichter, mit ihr in den Ländern auf gemeinsame Positionen kommen. Doch es sei möglich.

Die Grünen, die eine Koalition mit der SPD anstrebten, hatten bei der Wahl vor vier Wochen nach monatelangem Umfragehoch nur 8,4 Prozent erreicht. Ein Antrag zur Neuausrichtung fand in Berlin eine große Mehrheit: «In unserer Partei müssen wir die bestehende Blockade überwinden, damit alle auch alle Optionen mittragen können.»

Der neue Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter sagte: «Es ist wichtig, dass wir (...) Machtoptionen haben.» Göring-Eckardt forderte, die Grünen dürften sich nicht in die «Schmollecke» zurückziehen und sich Gesprächen mit der Linkspartei nicht verschließen. Eine Initiative für Sondierungsgespräche mit SPD und Linken wollen die Grünen aber nicht ergreifen - ein solcher Antrag fiel durch.

Keine Mehrheit erhielt ein Realo-Antrag, der das Steuerkonzept der Grünen als «Fehler» bezeichnete. Kritik aus dem eigenen Realo-Lager gab es für Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann für den Vorwurf, die Grünen seien aus der Spur geraten. «Wir waren in den letzten Jahren viel zu sehr in der Spur», konterte Göring-Eckardt.

Als Nachfolger von Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke bestimmten die Delegierten Roths früheren Büroleiter Michael Kellner (36).

Mit einem bewegenden Auftritt baten Flüchtlinge aus Lampedusa am Sonntag um Solidarität. «Wir brauchen Eure Hilfe. Wir wollen Eure Heimat nicht zerstören», sagte ein Flüchtlingssprecher. Peter versprach, die Grünen wollten eine Stimme für die Flüchtlinge sein.

Parteien / Grüne / Parteitag
20.10.2013 · 16:50 Uhr
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