Frühe Rente: Ein Boom mit Folgen für die Rentenkasse
Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass nahezu die Hälfte der Babyboomer im Rentenalter die gesetzliche Rente vorzeitig in Anspruch nimmt. Dies betrifft laut IW rund 1,8 Millionen der Boomer-Jahrgänge, die bis 2023 das Rentenalter erreichten, was einem Anteil von 44 Prozent entspricht. Unter den Neurentnern liegt dieser Anteil sogar bei über 55 Prozent.
Ab 2025 wird erwartet, dass jährlich mindestens eine Million Babyboomer vor dem Erreichen des regulären Rentenalters in die Rente eintreten. Dabei scheint das ansteigende Renteneintrittsalter die Realität des Zugangszeitpunkts nicht spürbar zu verzögern. Vor allem die Möglichkeit der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren präsentiert sich als Hindernis für eine Trendumkehr.
Experten sehen Handlungsbedarf. Laut Studienautorin Ruth Maria Schüler sollten Union und SPD die Optionen für einen frühzeitigen Renteneintritt restriktiver gestalten. Allerdings hält die SPD an der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren fest, was ein zentrales Wahlversprechen war. Blickt man auf die Rentenkasse, die durch die rückläufige Zahl der Beitragszahler zusehends unter Druck gerät, wächst der Reformbedarf.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat daher im Bundestag eine 'Rentenreformkommission' angekündigt, die bis zur Mitte der Legislatur Ergebnisse präsentieren soll. Der finanzielle Druck auf die Rentenkasse wird sich zwangsläufig erhöhen. Laut Entwürfen zur gescheiterten Rentenreform der Vorgängerregierung könnten die Ausgaben von derzeit 372 Milliarden Euro bis 2045 mehr als verdoppeln.
Das IW hebt hervor, dass von den insgesamt 19,5 Millionen Babyboomern bereits 4,5 Millionen im Jahr 2023 eine Altersrente bezogen haben, davon 0,9 Millionen vorzeitig. Erhebungen zeigen zudem, dass meist Männer, Fachkräfte und Personen mit anerkanntem Berufsabschluss die abschlagsfreie Rente nutzen. Niedrigere Lohngruppen müssen häufiger aus finanziellen Gründen länger arbeiten.
Einige Experten sehen in der Unterstützung der Politik, das Erwerbsleben zu verlängern, eine Lösung. Die SPD und Union übernehmen dazu die Idee einer 'Aktivrente', wonach ältere Arbeitnehmer, die über das reguläre Rentenalter hinaus arbeiten, bis zu 2.000 Euro ihres Gehaltes steuerfrei beziehen können. Die Regierungskoalition wird von IW-Expertin Schüler ermutigt, innerhalb der Rentenkommission auch den frühzeitigen Rentenbezug auf die Agenda zu setzen.
Für viele Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, bleibt es weiterhin eine Herausforderung, ihre individuellen Rentenoptionen sorgfältig abzuwägen.