Flugzeugabsturz in Belgorod: Ukrainischer Präsident fordert internationale Aufklärung
Nach dem Absturz einer russischen Militärtransportmaschine in der Grenzregion Belgorod sind immer noch viele Fragen offen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwochabend in einer Ansprache eine Aufklärung mit internationaler Unterstützung gefordert. Die Version aus Moskau, wonach ukrainische Gefangene an Bord des Flugzeugs waren und nun tot sind, wurde von Kiew nicht bestätigt. Auch die USA verfügen bislang nicht über genügend Informationen, um die Lage zu bewerten, erklärte John Kirby, der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats.
Selenskyj betonte die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit in diesem Fall. Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR bemüht sich derzeit, weitere Informationen über das Schicksal der ukrainischen Kriegsgefangenen zu erhalten, so Selenskyj. Zudem hat er Außenminister Dmytro Kuleba angewiesen, die ausländischen Partner mit allen verfügbaren Informationen zur Ukraine zu versorgen. 'Unser Land wird auf eine internationale Aufklärung bestehen', betonte er. Darüber hinaus fügte Selenskyj hinzu: 'Es ist offensichtlich, dass die Russen mit dem Leben der ukrainischen Gefangenen, den Gefühlen ihrer Angehörigen und den Emotionen unserer Gesellschaft spielen.'
Das Flugzeugunglück ereignete sich in der westrussischen Region Belgorod. Laut russischen Angaben kamen dabei alle 74 Insassen an Bord ums Leben, darunter 65 ukrainische Kriegsgefangene. Es gibt bisher jedoch keine unabhängigen Informationen darüber, wen oder was das Flugzeug transportierte. Die ukrainische Seite bestätigte lediglich, dass ein Gefangenenaustausch geplant war, der dann jedoch gescheitert ist.
Die Ukraine erhebt Vorwürfe gegen Russland. In einer Mitteilung des ukrainischen Militärgeheimdienstes hieß es: 'Derzeit haben wir keine verlässlichen und umfassenden Informationen darüber, wer genau und wie viele sich an Bord des Flugzeugs befanden.' Die Ukraine habe ihrerseits alle Vereinbarungen eingehalten und die russischen Soldaten pünktlich zum Austauschort gebracht, so die Behörde.
Es wurde weiter betont: 'Gemäß der Vereinbarung war es Aufgabe der russischen Seite, die Sicherheit unserer Verteidiger zu gewährleisten. Gleichzeitig wurde die ukrainische Seite nicht über die Notwendigkeit informiert, in einem bestimmten Zeitraum die Sicherheit des Luftraums im Gebiet um die Stadt Belgorod zu gewährleisten, so wie es in der Vergangenheit mehrfach der Fall war.'
Die Tatsache, dass die Ukraine dieses Mal nicht über die genauen russischen Transportmittel informiert wurde, 'könnte auf vorsätzliche Maßnahmen Russlands hinweisen, die darauf abzielen, das Leben und die Sicherheit der Gefangenen zu gefährden', schrieb die ukrainische Behörde. Staatliche russische Medien werteten diese Mitteilung als indirekte Bestätigung dafür, dass die Ukrainer das Flugzeug mit eigenen Soldaten an Bord abgeschossen hätten. Eine solche Bestätigung aus Kiew gibt es jedoch offiziell nicht.
Deutschland erwägt Ringtausch von Marschflugkörpern für die Ukraine
Deutschland erwägt offenbar die Beteiligung an einem Ringtausch von Marschflugkörpern zur Unterstützung der Ukraine. Laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa gibt es Überlegungen, Nato-Partnern wie Großbritannien oder Frankreich Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr zu liefern. Im Gegenzug würden diese Länder eigene Marschflugkörper in die Ukraine exportieren.
Das 'Handelsblatt' berichtet unter Berufung auf Diplomaten und Regierungsvertreter, dass Großbritannien bereits angeboten habe, der Ukraine im Austausch für die Taurus-Marschflugkörper weitere seiner Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow zu liefern. Das Kanzleramt wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren.
Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte die Ukraine offiziell die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern durch die Bundesregierung angefordert. Diese Waffen können Ziele in einer Entfernung von bis zu 500 Kilometern mit großer Präzision treffen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschied Anfang Oktober vorerst, keine dieser Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern.
Tote nach russischen Angriffen und Beschuss in der Ostukraine
Unterdessen wurden bei einem russischen Raketenangriff in der Ostukraine offiziellen Angaben zufolge mindestens zwei Menschen getötet. Die ukrainische Polizei teilte auf Facebook mit, dass neun weitere Menschen, darunter zwei Teenager, in der Stadt Hirnyk im Donezker Gebiet verletzt wurden. In der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurde ebenfalls Luftalarm ausgelöst, und es waren zeitweise Explosionen zu hören.
Es wurde auch über Beschuss in der südukrainischen Region Odessa berichtet. Russische Kampfdrohnen schlugen laut Behördenangaben in einem Wohngebiet ein, wobei mindestens zwei Menschen verletzt wurden.
Das wird am Donnerstag wichtig
Im Osten und Süden der Ukraine dauern die Kämpfe weiter an. Es wird erwartet, dass besondere Aufmerksamkeit den möglichen neuen Erkenntnissen über den Flugzeugabsturz in Belgorod gilt. (eulerpool-AFX)