FDP stemmt sich gegen unbegrenzte AKW-Laufzeiten
«Die Bedingungen müssen jetzt festgeklopft werden», sagte der energiepolitische Koordinator der Unionsfraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, dem «Handelsblatt» (Samstag). Zuvor war spekuliert worden, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 eine Verlängerung festlegen. Die Unklarheiten hatten zuletzt auch zu Verstimmungen bei den Koalitionsverhandlungen geführt.
FDP-Vize Rainer Brüderle sagte dem Hamburger Abendblatt (Samstag): «Es sollte zügig das Konzept einer neuen deutschen Energiepolitik in Angriff genommen werden.» Nach Informationen des Blattes hat die CDU bereits einen Entwurf für ein überarbeitetes Atomgesetz fertiggestellt. Dieser soll aus der Feder der CDU- Landesumweltministerinnen Silke Lautenschläger (Hessen) und Tanja Gönner (Baden-Württemberg) stammen.
Die Liberalen sprachen sich gegen unbegrenzte Laufzeiten für Kernkraftwerke aus, wie sie Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) vorgeschlagen hatte. FDP-Umweltpolitiker Horst Meierhofer sagte der «Berliner Zeitung» (Samstag), dies sei nicht durchsetzbar. «Unbegrenzte Laufzeiten für alle Atomkraftwerke sind nicht konsensfähig.»
Der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung»: «Vor einer möglichen Verlängerung der Laufzeiten für sichere und leistungsfähige Kernkraftwerke muss jedes einzelne Kernkraftwerk, unabhängig vom Alter des Werkes, einer individuellen Sicherheitsprüfung standhalten.»
Der FDP-Politiker Meierhofer forderte, die Frage der Laufzeiten möglichst konkret im Koalitionsvertrag zu regeln. «Je konkreter man wird, desto einfacher ist die Zusammenarbeit in der Koalition», sagte er der «Berliner Zeitung».
In der für Atomenergie und Erneuerbare Energien zuständigen Arbeitsgruppe Umwelt und der gemischten Untergruppe mit Wirtschaftsexperten war Angaben von FDP-Verhandlungsführer Michael Kauch vom Freitag zufolge zunächst noch gar nicht über die Verlängerung der Laufzeiten gesprochen worden. In der kommenden Woche soll es aber ein Abstimmungsgespräch mit der Umwelt-AG geben, die ebenfalls über die Atompolitik berät. Später wird das Streitthema Kernkraft dann in der großen Koalitionsrunde landen.
Klar ist dagegen nach Angaben aus Teilnehmerkreisen bereits, dass das niedersächsische Salzbergwerk Gorleben weiter als Atommüll-Endlager erkundet werden soll. Dabei könnte einem «Spiegel»-Bericht zufolge erstmals auch die Öffentlichkeit beteiligt werden. Einem Gutachten im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) zufolge sollte die neue Bundesregierung die Erkundung nach dem Atomrecht und nicht wie bislang nach dem Bergrecht vornehmen, berichtete das Magazin. Nach dem notwendigen Planfeststellungsverfahren müssten die betroffenen Bürger dann - anders als bisher - miteinbezogen werden.
Der aktuelle Rahmenbetriebsplan für Gorleben gelte bis November 2010, sagte ein Sprecher des BfS am Samstag der dpa. Bis März 2010 müsse beim Bergamt ein neuer Antrag gestellt werden. Daher habe das BfS ein Gutachten eingeholt, die abschließende Bewertung sei aber noch nicht erfolgt. Die Weichenstellung, wie und nach welchem Recht der Salzstock weiter erkundet werden soll, liege aber bei der neuen Bundesregierung.
Atomkraftgegner demonstrierten am Samstag vor dem Berliner Reichstag für den Ausstieg. «Wir bauen am längsten Anti-AKW-Transparent der Welt. Was wir heute ausstellen, ist erst der Anfang», erklärte der Sprecher der Anti-Atom-Organisation «Ausgestrahlt», Jochen Stay. Die Transparente hätten am Samstag bereits eine Gesamtlänge von mehr als 500 Metern ergeben. Mit ähnlichen Protesten wollen Demonstranten in ganz Deutschland Druck auf die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP ausüben.