Fan-Frust war gestern - Optimismus vor K.o.-Spiel
Kein Platz für trübe Gedanken soll bei den rund 2000 Fan-Partys sein, auf denen ein Ansturm der Massen in Schwarz-Rot-Gold wie vorher nur bei der WM 2006 im eigenen Land erwartet wurde. «Auch wir Polizisten dürfen Fußballfans sein und hoffen auf einen Sieg und das Weiterkommen, dann bleibt alles friedlich, fröhlich und ohne Frust», sagte Polizeisprecher Michael Gassen in Berlin. Auf der traditionellen Fan-Meile im Tiergarten wurden gut 500 000 Menschen erwartet.
Das offizielle Fanfest des Fußball-Weltverbandes FIFA zog pünktlich zum Alles-oder-Nichts-Spiel um - vom vergleichsweise freudlosen Parkplatz am Olympiastadion auf das von Hunderttausenden so beliebte Gelände der Straße des 17. Juni zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor. Alles soll wieder so kommen wie früher, ist die Hoffnung der Fans. Auch Hannover hat sein Festgelände für das Entscheidungsspiel erweitert. Neben der erneut gefüllten AWD-Arena sollen auf weiteren 12 000 Quadratmetern weitere 20 000 Fans jubeln und tanzen können.
Die Polizei, die Politik und auch der Pfarrer, alle wollten in der langen Wartezeit bis zum späten Anpfiff aus der Ferne helfen und gute Stimmung verbreiten. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider erlaubte den Gläubigen in diesem Sonderfall sogar ausdrücklich das Beten für so einen vergleichsweise banalen Anlass wie ein Fußballspiel.
Auch der Kandidat für das Bundespräsidentenamt, Christian Wulff (CDU), stellte Neutralität und Diplomatie für einen Moment zurück und riskierte es: «Ich hoffe auf 1:0 für Deutschland.» Auch wenn er für Ghana «viel Sympathie» verspüre. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ging ganz auf DFB-Linie: «3:1 für Deutschland. Dann kommt Deutschland ins Endspiel, und dann ist alles möglich», sagte er bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel.
Poetisch bereitete die aus der Pfalz stammende und zur Zeit in Ghana tätige Ordensfrau, Schwester Irmina Radke, die Fan-Gemeinde vor. Für die Speyerer Bistumszeitung «der Pilger» dichtete sie zum Schicksalsspiel: «Wir jubeln mit dem Land, das siegt, dass keine es ans Herze kriegt.»
Gute Nerven sind gefragt. War zum Serben-Spiel wegen der frühen Anstoßzeit mitten in der Arbeitszeit der Rat von Arbeitsrechtlern, Arbeitgebern und Gewerkschaften wichtig, ging es diesmal mehr um Psychologie. Der Essener Sportpsychologe Ulrich Kuhl sagte der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch als Rat für Löw, seine Männer und die Fans im Land: «Ruhe bewahren, nur an positive Dinge bei der WM denken, und schon gar keine Eventualitäten ausmalen, was passiert, wenn...».