Elektroautos sind bislang nur Spielzeuge der Reichen
Die großen Konzerne haben das Thema verschlafen, kein etablierter Hersteller hat ein serienreifes Elektrofahrzeug im Angebot. Ankündigungen sind das Einzige, was es bislang gibt. Wer jetzt von Sprit auf Strom umsteigen will, muss auf kleine Neueinsteiger der Branche ausweichen - und ein dickes Bankkonto haben.
«Wir bieten das einzige alltagstaugliche Elektroauto an, das derzeit im Handel zu haben ist», heißt es bei Tesla. Darin steckt allerdings auch das Dilemma für alle Elektro-Fans mit schmalem Geldbeutel: Tesla baut Sportwagen. Rasend schnell und rasend teuer. Der Roadster beschleunigt in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 und ist damit einem Porsche ebenbürtig. Für diese Fahrleistung ruft Tesla auch einen Preis auf, der einem Porsche ebenbürtig ist: gut 100 000 Euro. Tesla hat daher erst 700 dieser vollkommen abgasfreien Geschosse an die wohlhabende Kundschaft gebracht.
Dabei stehen überraschend viele Autofahrer dem Thema aufgeschlossen gegenüber. Einer Studie der Unternehmensberatung Accenture zufolge würde immerhin jeder 20. Konsument schon in den nächsten zwei Jahren ein Elektroauto kaufen. Bei den aktuellen Preisen dürften sich die meisten allerdings mit Grausen abwenden. «Enorme Mehrkosten von derzeit bis zu 20 000 Euro für ein Fahrzeug der Golf-Klasse und beschränkte Reichweiten im realen Fahrbetrieb verhindern eine starke Verbreitung», schreiben die Experten von Oliver Wyman. In den kommenden 15 Jahren trauen sie den neuen Autos daher allenfalls einen Marktanteil von drei Prozent zu.
Erst in ein, zwei Jahren hat die breite Masse aber überhaupt eine Chance, die neuen Stromer zu kaufen. Der französische Hersteller Renault wagt sich auf der IAA am weitesten vor. Vier Modelle sollen in den Jahren 2011 und 2012 auf den Markt kommen vom Stadtflitzer bis zur Familienkutsche. «Es ist ein Durchbruch, weil diese Autos für den Massenmarkt bestimmt sind», sagt Renault-Chef Carlos Ghosn. Zugleich räumt er aber auch ein, dass selbst diese Fahrzeuge ohne staatliche Subventionen zunächst kaum erschwinglich sein dürften. Ungeachtet aller Schwierigkeiten rechnet er damit, dass Elektrofahrzeuge bis zum Jahr 2020 auf einen Marktanteil von immerhin zehn Prozent kommen.
Nicht alle teilen Ghosns Euphorie. Der japanische Autobauer Toyota bekennt freimütig, dass die Entwicklung von reinen Elektroautos derzeit im Hintergrund steht. «Bei den Elektroautos sind die Kosten für die Batterien das größte Hindernis», sagt Takeshi Uchiyamada, Mitglied der Toyota-Geschäftsführung. Toyota hat seit Jahren großen Erfolg mit seinem Hybridmodell Prius, in dem ein Elektromotor zusammen mit einem Verbrennungsmotor werkelt. Erst wenn bei den Kosten ein Durchbruch geschafft werde, könnten Elektrofahrzeuge einen maßgeblichen Marktanteil erreichen, sagte Uchiyamada.
Was Geld kostet, sind die Batterien. Ohne sie läuft kein Elektroflitzer - sei es nun der Sportwagen von Tesla mit seinen immerhin 400 Kilometern Reichweite oder die angekündigte Familienkutsche von Renault. Mit Hochdruck arbeiten die Elektro- und Autokonzernen deshalb daran, die Batterien kleiner, leichter, leistungsfähiger und vor allem günstiger zu machen. Die deutsche Edelschmiede Daimler probiert parallel an der Brennstoffzelle als Stromspeicher herum. «Wir wollen die Kosten innerhalb der nächsten fünf Jahre auf das Niveau eines konventionellen Motors senken», sagt Konzernchef Dieter Zetsche.
Dann dürften schwere Zeiten für den Elektrosportwagen-Hersteller Tesla anbrechen. Denn dessen Kunden - das bekannte die Nummer 700 am Dienstag bei der Übernahme seines metallicblauen Roadsters in Frankfurt - kaufen die schnellen Flitzer nicht nur der Umwelt zur Liebe, sondern durchaus auch aus Prestige: «Ich will möglichst vielen Menschen zeigen, dass emissionsfreies Fahren nicht nur möglich, sondern auch sexy ist.»