Einschneidendes Urteil aus Karlsruhe: Verfassungswidrigkeit von Staatstrojanern festgestellt
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Befugnisse der Strafverfolger bei der Nutzung von Staatstrojanern sind teilweise verfassungswidrig. Der Erste Senat erklärte die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) für Straftaten mit einer maximalen Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren für rechtlich nichtig – die Entscheidung wirkt rückwirkend. Auch die Möglichkeiten der geheimen Online-Durchsuchung von Computern und Smartphones stehen auf dem Prüfstand des höchsten Gerichts, bleiben jedoch bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig bestehen.
Staatstrojaner, jene Software, die unbemerkt auf den Geräten Verdächtiger installiert wird, ermöglichen es Strafverfolgern seit einer Gesetzesänderung 2017, verschlüsselte Nachrichten aus Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram zu überwachen oder alle Daten eines Geräts zu analysieren. Laut Gericht verstoßen gerade diese Überwachungen gegen Grundrechte und müssten, um verhältnismäßig zu sein, auf schwere Straftaten beschränkt werden.
Maßgeblich für solche Maßnahmen ist das Gewicht der verfolgten Straftaten, führte das Gericht aus. Straftaten, die mit einer Höchststrafe von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe geahndet werden, zählen nicht zu den schweren Verbrechen und dürfen daher nicht als solche behandelt werden.
Hintergrund der Entscheidung sind mehrere Verfassungsbeschwerden, darunter eine vom Verein Digitalcourage initiierte. Der Verein kritisiert die Nutzung von Sicherheitslücken, um Staatstrojaner zu installieren, da diese ebenfalls von Kriminellen ausgenutzt werden könnten. Dadurch, so Digitalcourage, werde die staatliche Schutzpflicht verletzt.
Einer aktuellen Statistik des Bundesamts für Justiz zufolge wurden 2023 insgesamt 104 richterliche Anordnungen zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung erlassen, von denen 62 tatsächlich durchgeführt wurden. Von den 26 angeordneten Online-Durchsuchungen fanden lediglich sechs statt, größtenteils aufgrund des Verdachts der Bildung krimineller Vereinigungen.

