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Eine Billion im Minus – Wie Klingbeils Finanzplan zur Schuldenfalle wird

25. Juli 2025, 07:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Eine Billion im Minus – Wie Klingbeils Finanzplan zur Schuldenfalle wird
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Allein die vorgezogene Mütterrente kostet den Bund 2027 rund 4,5 Milliarden Euro – politisch populär, aber haushaltstechnisch ein Draufzahlgeschäft ohne Gegenfinanzierung.
Die wachsenden Haushaltslöcher der Bundesregierung und die damit verbundenen Herausforderungen werfen Fragen zur finanziellen Zukunft Deutschlands auf.

Haushalt mit Hoffnungslücke

Das Tempo, in dem sich die Haushaltslücke der Bundesregierung ausweitet, lässt selbst erfahrene Finanzpolitiker nervös werden. Waren es im Juni noch rund 144 Milliarden Euro, geht man nun – keine vier Wochen später – von deutlich über 150 Milliarden Euro bis 2029 aus.

Und das ist nur die Untergrenze. Denn der Preis für politische Kompromisse steigt – nicht nur im Sozialen, sondern auch in der Verteidigung und Infrastruktur.

Die neue Mütterrente: teuer und rückwirkend

Eine der Ursachen für die wachsende Lücke liegt in einer altbekannten Leistung mit neuem Preisschild: Die neue Mütterrente wird nicht nur früher ausgezahlt, sondern auch rückwirkend ab 2027 – ein Zugeständnis der Großen Koalition, das im selben Atemzug 4,5 Milliarden Euro kostet. Eine Summe, die in keiner früheren Planung auftauchte.

Investitionsbooster – mit Nebenwirkungen

Zugleich einigt sich die Bundesregierung mit Ländern und Kommunen auf milliardenschwere Entlastungen bei Unternehmenssteuern.

Der sogenannte „Investitionsbooster“ wird zwar politisch als Modernisierungspaket verkauft, in der Finanzplanung reißt er jedoch weitere Löcher: Acht Milliarden Euro für die Länder, zusätzliche Mindereinnahmen für den Bund – und das alles aus einem Sondervermögen, das dafür eigentlich nicht gedacht war.

Investitionsbooster oder Milliardenfalle? Die Kompensation für entgangene Unternehmenssteuern kostet den Bund bis 2029 rund acht Milliarden Euro – mit offenem Nutzen.

Die Billionenmarke fällt – und zwar bald

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Finanzminister so viele neue Schulden aufgenommen wie Lars Klingbeil.

Die bisherige Finanzplanung sieht Kredite von fast 847 Milliarden Euro bis 2029 vor. Mit den aktuellen Anpassungen wird diese Summe auf über eine Billion steigen – und das bereits vor dem Jahr 2030. Ein Rekord, der nicht gefeiert wird, sondern Unruhe auslöst.

Verteidigung als Argument – und als Schuldenmotor

Ein großer Teil der neuen Ausgaben geht in die Aufrüstung. Bis 2029 sollen die Verteidigungsausgaben auf fast 168 Milliarden Euro steigen, gut 120 Milliarden davon schuldenfinanziert.

Möglich macht das eine umstrittene Ausnahmeregel: Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des BIP übersteigen, sind fortan von der Schuldenbremse ausgenommen – mit Billigung der Union.

2029 will Deutschland das neue NATO-Ziel von 3,5 % des BIP erreichen – und damit fast doppelt so viel ausgeben wie heute. Dass man dafür überproportional Schulden macht, ist zwar politisch gewollt, aber ökonomisch riskant. Denn die Zinslast wächst – gerade wenn die EZB ihren Kurs nicht lockert.

Sozialsysteme im Dauerstress

Neben der Sicherheit sorgt vor allem die Demografie für zusätzlichen Druck. Immer mehr Rentner, immer höhere Ausgaben für Gesundheit und Pflege, eine stagnierende Erwerbsbevölkerung: Die Sozialversicherungen laufen heiß.

Der Bund reagiert mit milliardenschweren Darlehen – auch das auf Pump. Gleichzeitig steigt der Steuerzuschuss an die Rentenkasse.

Trotz wachsender Schuldenforderung verlangen Ministerien bis 2029 weitere 40 Milliarden Euro – allen voran das Verkehrs- und das Familienressort. Klingbeil fehlt die Durchsetzungskraft.

Um nicht auch noch die Sozialabgaben auf über 43 % zu treiben, greift Klingbeil tief in die Haushaltskasse. Doch auch das ist nur eine kurzfristige Lösung. Langfristig drohen neue Löcher – oder Einschnitte, die derzeit niemand offen diskutieren will.

Minister mit Wunschzettel – und ohne Rücksicht

Während Klingbeil nach Einsparpotenzial sucht, fordern seine Kabinettskollegen munter weiter: 24 Milliarden Euro mehr will Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), 1,8 Milliarden für 10.000 neue Polizisten verlangt Innenminister Alexander Dobrindt (CSU).

Familienministerin Prien hat bereits milliardenschwere Sozialausgaben angemeldet. Der Koalitionsvertrag sieht eigentlich Personalabbau in der Bundesverwaltung vor – umgesetzt wurde davon bisher wenig.

Wirtschaftswachstum als letzter Strohhalm

Die große Hoffnung der Regierung: ein wirtschaftlicher Aufschwung. Die Deutsche Bank rechnet für 2026 mit einem Wachstum von zwei Prozent.

Sollte das eintreten, könnte es automatisch für Mehreinnahmen sorgen – und damit das strukturelle Loch etwas verkleinern. Doch das ist ein optimistisches Szenario. Und Finanzpolitik auf Basis von Hoffnung funktioniert selten gut.

Der Herbst der Wahrheit naht

Kanzler Merz hat einen „Herbst der Sozialreformen“ angekündigt – doch was genau das heißt, bleibt vage. Einsparungen beim Bürgergeld sind für die SPD tabu, Steuererhöhungen für die Union. Einig ist man sich nur beim Kampf gegen Steuerbetrug – doch auch der bringt kurzfristig keine Milliarden.

Bleibt nur eine Option: eine weitere Reform der Schuldenbremse. Offiziell lehnt die Union das ab. Inoffiziell bereitet man sich vor. Eine Expertenkommission soll bis März 2026 Vorschläge liefern – wohl wissend, dass man ohne erneute Lockerung kaum durch das Superwahljahr kommt.

Politik / Schulden / Haushaltsfinanzierung / Sozialreformen / Wirtschaftswachstum
[InvestmentWeek] · 25.07.2025 · 07:00 Uhr
[6 Kommentare]
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