E-Mobilität auf halber Strecke: So weit ist Europa vom 3,5-Millionen-Ladepunkt-Ziel entfernt
Fünf Jahre vor Ablauf der Frist des EU-Ziels von 3,5 Millionen öffentlich zugänglichen Ladepunkten herrscht vielerorts Ernüchterung. Wie die Analyse von Motointegrator und Data Pulse zeigt, sind in den 27 EU-Staaten momentan lediglich rund 910.000 Ladepunkte installiert. Das entspricht mageren 26 Prozent des gesteckten Ziels.
Beim aktuellen Ausbautempo von etwa 150.000 Ladepunkten pro Jahr würde die EU das Ziel um Längen verfehlen. Um die Lücke zu schließen, müssten jährlich über 500.000 neue Ladepunkte ans Netz gebracht werden.
Lücken und Langsamkeit
Das Problem liegt nicht nur in der Menge, sondern auch in der Qualität und Verteilung. Wer aufs Land fährt, sieht sich häufig mit der Realität von schlechter Versorgung konfrontiert. In weiten Teilen Nordskandinaviens oder im spanischen Inland kann der Abstand zum nächsten Ladepunkt über 40 Kilometer betragen. Es drohen regelrechte "Ladewüsten".

Hinzu kommt die Performance: Weniger als 10 Prozent der Ladestationen ermöglichen echtes High Power Charging (HPC) mit mehr als 150 kW. Während Norwegen beim HPC-Anteil mit 30,8 Prozent führt, glänzen die Niederlande zwar mit einer hohen Ladepunktdichte (665 pro 100.000 Einwohner), liegen aber beim Schnellladen weit hinten.
Lichtblick aus dem Handel: Lidl überholt ganze Länder
Ein überraschender Lichtblick kommt aus dem Einzelhandel. Supermarktketten sind zu echten Treibern der Ladeinfrastruktur geworden. Allein die Schwarz-Gruppe (Lidl/Kaufland) hat massiv investiert. Lidl etwa betreibt in Europa bereits 8.855 Ladepunkte und hat damit ganze EU-Länder wie Irland (4.842) oder Rumänien (6.670) in Sachen Ladeinfrastruktur überholt.

Während die Politik bei Genehmigungen und Netzanschlüssen zögert, springt die Privatwirtschaft ein. Ob dieser private Einsatz ausreicht, um der mangelnden Abdeckung entgegenzuwirken, bleibt offen. Klar bleibt jedoch: Die Verkehrswende braucht dringend einen Turbo.

