Die Zukunft der EU: Kleine Schritte statt großer Wurf

Brüssel (dpa) - Die Nervosität ist groß, die Krise ist überall. In der Europäischen Union, vor allem aber im Kreis der 17 Staaten mit Eurowährung, ist die Sorge groß, die Griechen könnten sich bei der Wahl am 17. Juni von der Sanierung des eigenen Landes und damit auch aus dem Euro verabschieden.

Fast noch größer ist die Angst um Spanien, das dem Euro-Rettungsfonds näher rückt. Der Euro verliert an Wert, die Stimmung an den Börsen wird schlechter.

Das ist der Hintergrund, vor dem in Brüssel - wieder einmal - über die Zukunft von EU und Eurozone nachgedacht wird. «Wir müssen die Wirtschafts- und Währungsunion auf eine neue Stufe heben», hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach dem bisher letzten EU-Krisengipfel am 23. Mai zu mitternächtlicher Stunde gesagt. Gemeinsam mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und EZB-Präsident Mario Draghi will er beim nächsten Gipfel am 28. Juni «Bausteine» für die «Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion» vorlegen. Noch nichts Genaues: «Nach Juni wird dann die wirkliche Arbeit beginnen.»

Barrosos Sprecherin Pia Ahrenkilde Hansen versicherte am Montag, es gebe «keinen Geheimplan für die Umstrukturierung der Union, die Rettung des Euros oder für andere Dinge». Es gehe lediglich darum, «eine Arbeitsmethode und einen Zeitplan» für die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion vorlegen.

Denn es gibt eine Reihe konkreter Schritte, auf die man sich in einem überschaubaren Zeitrahmen einigen könnte. Andererseits aber hat auch eine eher philosophische Debatte begonnen: Sie leidet darunter, dass es dafür keine realistische Chance auf politische Einigung gebe. Eher kleine Schritte seien also möglich und wahrscheinlich, heißt es in der Kommission. Den «großen Wurf» in Richtung einer politischen Union werde es auch in überschaubarer Zukunft wohl nicht geben.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meint, natürlich könne man auch über Vertragsänderungen in fünf oder zehn Jahren nachdenken: «Da sind wir heute noch nicht. Und trotzdem gibt's da ja keine Denkverbote.»

Auch Van Rompuy zeigt sich vorsichtig, die Erinnerung an die gigantischen Probleme mit dem im Dezember 2009 in Kraft getretenen Lissabon-Vertrag ist noch wach. «Wir werden alles, was wir tun, im Rahmen der jetzigen Verträge tun», sagte er. «Wir werden andere Hypothesen prüfen», fügte er dann hinzu und verwies auf den «Fiskalpakt», den nur 25 der 27 EU-Staaten unterzeichnet haben. «Wir verfügen über eine breite Palette rechtlicher Möglichkeiten. Aber es ist noch zu früh, darüber zu sprechen, in welchem Rahmen wir arbeiten werden.»

EZB-Chef Draghi fordert von den Staats- und Regierungschefs, sie müssten «klarstellen, wie ihre Vision für den Euro für die kommenden Jahre aussieht: Ich denke, je schneller das detailliert wird, desto besser.» Erster Schritt könne eine «Banken-Union» sein: Eine europaweite Einlagensicherung für private Konten beispielsweise. Diese Forderung ist angesichts des befürchteten Sturms auf die griechischen Banken, falls der Euro-Rettungsfonds den maroden Staat nicht länger am Leben erhält, höchst aktuell. Außerdem müsse es eine von den Banken selbst finanzierte Rettungseinrichtung und eine deutlich machtvollere europäische Bankenaufsicht geben.

Für die deutsche Regierung scheint manches denkbar zu sein - falls das Undenkbare passiert. Sogar Eurobonds werden von der Kanzlerin nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Freilich nur unter der Bedingung, dass die Euro-Staaten auf die Souveränität über den eigenen Haushalt verzichteten. Dies aber ist höchst unwahrscheinlich - übrigens auch in Deutschland, wo das Bundesverfassungsgericht der Regierung klare Fesseln bei der Übertragung von Kompetenzen an die EU angelegt hat.

Strukturreformen der Sozialsysteme, eine Öffnung des Binnenmarktes für Dienstleistungen und mehr Mobilität von Arbeitnehmern sieht Merkel als machbar an. Ihr Außenminister Guido Westerwelle hingegen dreht an einem ganz großen Rad: Er möchte wieder eine Verfassungsdiskussion in der EU führen. Gemeinsam mit zehn anderen Außenministern denkt er in einer «Reflexionsgruppe» über Themen wie die Direktwahl eines europäischen Präsidenten nach. Es ist ein neuer Anlauf: Erst 2005 sind solche und andere Vorstellungen gescheitert.

EU / Institutionen
04.06.2012 · 22:09 Uhr
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