Bundesweite Razzien gegen Salafisten

Berlin/Solingen (dpa) - Mit Großrazzien sind Polizei und Justiz bundesweit gegen radikal-islamische Salafisten vorgegangen. Beamte durchsuchten am frühen Donnerstag Wohnungen, Vereinsräume und eine Moschee in Solingen.

Insgesamt waren 80 Orte in sieben Bundesländern im Visier der Ermittler - Schwerpunkte waren Hessen und Nordrhein-Westfalen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verbot die salafistische Vereinigung Millatu Ibrahim in Solingen (NRW), weil sie sich gegen die verfassungsrechtliche Ordnung in Deutschland wendet. Gegen zwei weitere salafistische Organisationen laufen die Ermittlungen noch. Sie können ebenfalls in Verbote münden.

Bei der Durchsuchung einer Islamisten-Wohnung in Berlin hatte die Polizei bereits im Mai eine selbst gebaute Sprengstoff-Weste entdeckt, die allerdings nicht gefüllt war. Der Fund sei auch Grundlage für das Verbot des Solinger Salafisten-Vereins gewesen, bestätigte das Bundesinnenministerium. In der Verbotsverfügung der Behörde heißt es: «Die Weste ist ein weiteres Zeichen für die aggressiv-kämpferische Grundhaltung der Vereinigung». Wie aus dem Papier weiter hervorgeht, wird die Weste dem Berliner Ex-Rapper und bekennenden Islamisten Denis C. zugerechnet. Unklar sei aber, ob er sie selbst anfertigte. Denis C., der auch unter dem Künstlernamen «Deso Dogg» auftrat, gilt als Anhänger des verbotenen Solinger Vereins.

Friedrich sagte, die Durchsuchungen am Donnerstag seien «außerordentlich erfolgreich» verlaufen. Ein Mann wurde in einer Moschee in Solingen gestellt, der mit einem internationalen Haftbefehl aus Großbritannien gesucht wurde. Insgesamt waren 850 Polizisten an den Razzien in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein beteiligt. Sie stellten umfangreiches Material sicher - darunter Videoanlagen, Laptops und Handys - das nun ausgewertet werde. Friedrich betonte, dass es verboten sei, Ersatzorganisationen zu gründen.

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden stacheln radikale Salafisten mit ihrer Propaganda gewaltbereite Islamisten an oder haben selbst Verbindungen zu Terrornetzwerken. Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gibt es nach Angaben aus Sicherheitskreisen vom Donnerstag aber bislang nicht. Im März vergangenen Jahres hatte ein islamistischer Einzeltäter am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschossen. Es war der erste erfolgreiche islamistisch motivierte Anschlag auf deutschem Boden. Der Attentäter hatte sich über salafistische Propaganda im Internet radikalisiert.

Friedrich hofft, dass neben Millatu Ibrahim zwei weitere salafistische Organisationen verboten werden können. Dabei handelt es sich um das Netzwerk «Die wahre Religion» und die Gruppe Dawa FFM in Frankfurt am Main. «Die wahre Religion» ist die Organisation um den Kölner Prediger Ibrahim Abou Nagie, der mit der kostenlosen Verteilung von Koran-Exemplaren für Aufsehen gesorgt hatte.

In Solingen rückte die Polizei in die Millatu-Ibrahim-Moschee ein. Die in einem verwinkelten Hinterhofgelände gelegene Moschee war bereits mehrfach Ziel von Polizeimaßnahmen. Als Kopf von Millatu Ibrahim gilt der österreichische Islamist Mohamed Mahmoud, der aus Deutschland abgeschoben wurde und nach Angaben aus Sicherheitskreisen nun von Ägypten aus über das Internet salafistische Propaganda verbreitet. Nach früheren Angaben des hessischen Innenministeriums rief Mahmoud zum militanten Dschihad auf und machte deutlich, auch für seine Überzeugungen sterben zu wollen.

Nach Angaben der Sicherheitsbehörden gibt es in Deutschland derzeit rund 130 Gefährder, denen islamistische Anschläge zugetraut werden. Darunter seien 24 Salafisten. Nach Provokationen durch die rechtsextreme Partei Pro NRW und gewalttätigen Ausschreitungen hatten Salafisten zur Ermordung von Pro-NRW-Anhängern und Journalisten aufgerufen.

Der Bundesinnenminister sagte: «Salafisten verfolgen das Ziel, den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer Ordnung, die nach ihren Maßstäben "gottgewollt" ist, zu überwinden. Sie sehen in der Scharia das einzig legitime Gesetz.» Dies sei «schlechthin unvereinbar» mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. «Ein solches Islamverständnis hat in Deutschland keinen Platz.» Der Düsseldorfer Innenminister Ralf Jäger (SPD) wertete die Razzien als «wichtigen Beleg für ein entschlossenes Vorgehen der Sicherheitsbehörden im gemeinsamen Kampf gegen gefährliche Extremisten». Man habe es «mit einer neuen Dimension der Gewalt» durch Salafisten zu tun.

Extremismus / Islamismus
14.06.2012 · 19:20 Uhr
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