Bis zu zwölf Jahre Haft für Sauerland-Terroristen

Düsseldorf (dpa) - Die vier Islamisten der Sauerland-Gruppe müssen wegen der Planung von Terroranschlägen auf Diskotheken, Flughäfen und US-Einrichtungen in Deutschland für bis zu zwölf Jahre ins Gefängnis.

Das Oberlandsgericht in Düsseldorf verurteilte am Donnerstag die Terroristen Fritz Gelowicz und Daniel Schneider zu je zwölf Jahren Gefängnis, den Mitangeklagten Adem Yilmaz zu elf Jahren. Als vierter erhielt Atilla Selek wegen Unterstützung der Terrorgruppe fünf Jahre Haft. Die «Todesengel im Namen des Islam» hätten «aus Verblendung und verqueren Dschihad-Ideen» gehandelt, sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling bei der Urteilsverkündung. Von der Gruppe sei eine «ungeheure Bedrohung» ausgegangen, da sie die bisher größten Anschläge in der Geschichte der Bundesrepublik geplant hätten.

Die Angeklagten seien zu «nahezu grenzenlosem und hemmungslosem Töten bereit» gewesen und hätten einen «zweiten 11. September» im Kopf gehabt, sagte Breidling. Sie hätten diverse Anschläge geplant und dabei Ziele in Ramstein, Kaiserslautern, Düsseldorf und Köln im Visier gehabt. «Einen Anschlag von einem solchen Ausmaß hat es in Deutschland noch nie gegeben und auch nicht die Verabredung dazu.» Deswegen habe das Gericht trotz der umfassenden Geständnisse der Angeklagten bei der Strafhöhe nichts «zu verschenken» gehabt. Es sei auch nicht das Verdienst der Angeklagten gewesen, dass ihre Terrorpläne platzten. Vielmehr hätten Geheimdienste den ersten Hinweis auf sie gegeben und die aufwendigen Ermittlungen ausgelöst.

Gelowicz, Schneider und Yilmaz waren am 4. September 2007 im Sauerland festgenommen worden. In einem Ferienhaus in Oberschledorn hatten sie damit begonnen, aus mehr als 700 Liter Wasserstoffperoxid gewaltige Autobomben zu bauen. Allerdings hatten Polizisten die Chemikalie bereits heimlich verdünnt. Selek wurde zwei Monate später in der Türkei gefasst.

Die drei Rädelsführer Gelowicz, Schneider und Yilmaz wurden wegen Mitgliedschaft in der ausländischen Terrorvereinigung Islamische Dschihad Union (IJU), wegen Verabredung zum vielfachen Mord sowie Vorbereitung eines Explosionsverbrechens schuldig gesprochen. Mit den Anschlägen hätten sie den Bundestag zum Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan zwingen wollen. Deswegen wurden sie auch wegen Nötigung von Verfassungsorganen verurteilt. Schneider wurde zudem wegen versuchten Mordes verurteilt, weil er bei der Festnahme einem Polizisten die Waffe entrissen und ohne zu treffen geschossen hatte.

Das Gericht blieb mit seinen Strafen leicht unter der Forderung der Bundesanwaltschaft. Schneider, Yilmaz und Selek nahmen das Urteil noch im Gerichtssaal an. Der zu fünf Jahren Haft verurteilte Selek kann wegen der bereits verbüßten Untersuchungshaft schon in gut fünf Monaten auf freien Fuß kommen. Er hatte die Zünder für die geplanten Bomben beschafft, aber den Treueeid auf die IJU-Führung abgelehnt und gilt deswegen nicht als Mitglied der Terrorgruppe. 

Auch die Bundesanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel. Mit Ausnahme des Urteils für Fritz Gelowicz, der «Leiter der Operation» war, ist der Richterspruch damit rechtskräftig. Gelowicz wolle «eine Nacht darüber schlafen», erklärte sein Anwalt. «Wir sind sehr zufrieden. Das Urteil entspricht bis auf kleine Abstriche weitestgehend unseren Anträgen», sagte Bundesanwalt Volker Brinkmann.

Breidling sagte, offenbar habe der gewaltbereite Islamismus «auch auf Menschen in unserer Gesellschaft eine verheerende Anziehungskraft», wenn sie in ihren Familien «nicht die erforderliche Aufmerksamkeit und nicht die Antworten auf essenzielle Lebensfragen erfahren». Umso verführbarer seien sie dann für Hassprediger wie jene im Multikulturhaus in Neu-Ulm, wo Gelowicz und Selek eine geistige Heimat gefunden hätten.

Die Bundesanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, einen für die Bundesrepublik einzigartigen Massenmord mit Opferzahlen im dreistelligen Bereich geplant zu haben. Die Verteidiger dagegen argumentierten, eine tatsächliche Gefahr habe nicht bestanden, weil die Männer bereits frühzeitig rund um die Uhr überwacht worden seien. Außerdem seien nur 3 von 26 entdeckten Sprengzündern intakt gewesen. Die Anwälte hatten Strafen von weniger als zehn Jahren gefordert.

Die mit nunmehr 1700 Seiten sehr umfassenden Geständnisse der Angeklagten hätten den Prozess um ein bis zwei Jahre abgekürzt, sagte Breidling. An 65 Verhandlungstagen hatte das Gericht seit dem 22. April vergangenen Jahres 17 Sachverständige gehört und mehr als 60 Zeugen vernommen. Der Prozess füllt mehr als 600 Aktenordner.

Prozesse / Terrorismus
04.03.2010 · 23:00 Uhr
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