Chipfabrik

Aus für Intel in Magdeburg - Rückschlag für Deutschland?

25. Juli 2025, 12:45 Uhr · Quelle: dpa
Intel gibt Pläne für Fabrik in Magdeburg auf
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Das für Intel vorgesehene Gelände soll auch nach der Absage zu einem High-Tech-Park entwickelt werden.
Der Entschluss von Intel, das Milliardenprojekt in Magdeburg zu streichen, stellt die Zukunft der Chipproduktion in Deutschland in Frage. Welche Folgen hat dies für die Region und die Branche?

Magdeburg (dpa) - Ein dickes Fragezeichen stand schon hinter dem Milliardenprojekt, jetzt kommt das Aus: Der kriselnde Chiphersteller Intel kippt die Pläne für seine Riesenfabriken in Magdeburg mit bis zu 3.000 Jobs. Damit fehlt der Region eine angekündigte Investition von 30 Milliarden Euro, davon knapp 10 Milliarden Euro Subventionen vom deutschen Steuerzahler. Was bedeutet dieser Rückschlag? Aus Sachsen-Anhalt kommt die Botschaft: Das ist schmerzlich, aber es haut uns nicht um. Die wichtigsten Antworten. 

Wie begründet Intel das Aus für das Projekt?

Intel-Chef Lip-Bu Tan spricht von fehlender Nachfrage für die neuen Kapazitäten. Der Chipkonzern steckt in der Krise. Im vergangenen Quartal verzeichnete er einen Verlust von 2,9 Milliarden Dollar. Lip-Bu Tan ist auf Sparkurs. Die Zahl der Mitarbeiter, Ende 2024 noch bei 109.000, soll Ende dieses Jahres auf rund 75.000 sinken. Das Magdeburg-Projekt hätte den Konzern 20 Milliarden Dollar aus eigenen Mitteln gekostet - das Geld hat er nicht übrig. Deshalb hatte die Konzernspitze im September bereits eine Verschiebung angekündigt. Jetzt folgt die endgültige Absage. 

Klar ist aber auch: Magdeburg war eine Idee des früheren Konzernchefs Pat Gelsinger, der Intel als Auftragsfertiger für andere Chipfirmen zurück in die Weltspitze bringen wollte. Sein Nachfolger nennt die Fabrik-Investitionen «unklug und maßlos». Auch die America-First-Politik des seit Jahresbeginn amtierenden Präsidenten Donald Trump hinterlässt Bremsspuren. 

Warum überhaupt diese Fabrik mit Milliardensubventionen?

Für die frühere Ampel-Koalition war es eine strategische Entscheidung von nationaler Bedeutung, die ihr Beihilfen von 9,9 Milliarden Euro wert gewesen wäre. Seit der Corona-Krise war die Abhängigkeit von Chipimporten augenfällig. Weil während der Pandemie kaum Nachschub aus Asien kam, standen bei Autobauern Bänder still, Laptops waren schwer zu bekommen, man wartete monatelang auf Waschmaschinen. Fabriken in Europa sollten mehr Versorgungssicherheit bringen. 

Die neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) teilt die Ziele im Prinzip. Im Entwurf ihrer High-Tech-Agenda heißt es: «Wir stärken die Resilienz von Lieferketten und mindern kritische Abhängigkeiten in der Chip-Versorgung.» Und: «Wir schaffen Anreize für mehr Fertigung von Chips, Ausrüstung und Vorprodukten in Deutschland durch mindestens drei neue Werke.» 

Ist der Ausbau der Chipproduktion in Deutschland nun gestorben?

Nein. Ein zweites Großprojekt in Ostdeutschland, die ebenfalls von der Ampel mit Milliarden subventionierte Fabrik des taiwanesischen Halbleiterkonzerns TSMC ist angelaufen. Im März hieß es von dort, der Bau der 200 mal 200 Meter langen Fabrik für rund 10 Milliarden Euro sei im Zeitplan. Produktionsstart soll 2027 sein. Daneben errichtet auch der Halbleiter-Hersteller Infineon in Dresden eine weitere Fabrik, die im Rohbau fertig ist. 

Aber was passiert jetzt in Magdeburg?

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nennt die Entscheidung von Intel schmerzlich. Doch macht sich der CDU-Politiker Hoffnung auf andere Ansiedlungen auf dem für Intel vorgesehenen Gelände. Das Land treibt die Entwicklung zum «High-Tech-Park» voran, mit Zufahrtsstraßen und Infrastruktur. «Hier gibt es Anfragen namhafter Unternehmen», erklärte Haseloff. 

Vor zehn Tagen kündigte das Unternehmen FMC (Ferroelectric Memory Company), 2016 gegründet aus dem Umfeld der TU Dresden, genau für diesen Industriepark Pläne für eine Fabrik für Speicherchips an. Dahinter stehen Firmen wie Bosch, Air Liquide, Merck und weitere internationale Investoren. Für Sachsen-Anhalt ist das nach Worten von Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) ein wichtiger Plan B zu Intel. Das FMC-Projekt ist aber mit einer genutzten Fläche von 100 Hektar viel kleiner als die nun abgesagte Intel-Fabrik, für die der US-Konzern 400 Hektar gekauft hatte. 

Die Landeshauptstadt Magdeburg will nach eigenen Angaben die von Intel erworbene Fläche zurückzukaufen. Ziel sei es, das Gelände anschließend erneut auf dem internationalen Markt zu platzieren, da es für die Ansiedlung eines Großunternehmens optimal geeignet sei. 

Was passiert mit den eingeplanten Fördermilliarden?

Die Fördermilliarden sollten aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, dem KTF. Eingeplant waren für 2024 rund 4 Milliarden Euro, die übrigen Gelder sollten in den folgenden Jahren fließen. Nachdem Intel im vergangenen Herbst die Verschiebung seiner Pläne angekündigt hatte, wurde das Geld anders verplant. 

Das Ministerium von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) erklärte zunächst nur sehr knapp: «Es sind keine Haushaltsmittel für das Vorhaben geflossen. Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind keine Mittel für Intel eingeplant.» Im Übrigen sei die Entscheidung aus den USA «keine gute Nachricht für die betroffene Region». 

An der Höhe der Subventionen hatte es ohnehin immer wieder Kritik gegeben, unter anderem vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Auch die Wirtschaftsforscher des IWH kritisieren, Subventionen seien keine Lösung, sondern die Rahmenbedingungen müssten generell geändert werden. 

Trifft der Rückschlag die ostdeutsche Wirtschaft?

Die Absage des Megaprojekts mit Tausenden Arbeitsplätzen ist für die angekündigte Investitionsoffensive der Regierung Merz ein Dämpfer - und für Ostdeutschland besonders bitter. Dort haben die Menschen nach der Deutschen Einheit viele Vorhaben platzen sehen. Das Leuchtturmprojekt Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin mit rund 10.000 Mitarbeitern produziert zwar längst, doch örtliche Widerstände und weltweite Absatzrückgänge der Marke Tesla dämpfen auch dort die Euphorie. 

Die neue Ostbeauftragte Elisabeth Kaiser (SPD) gibt sich trotzdem zuversichtlich. Immerhin herrsche nun Klarheit, erklärte Kaiser auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Wichtig ist, es handelt sich dabei um eine unternehmerische Entscheidung und keine generelle Absage an den Standort. Denn Ostdeutschland ist inzwischen eines der bedeutendsten Cluster der weltweiten Halbleiterproduktion, und für die Bundesregierung bleibt es zentral, diese Entwicklung weiter zu fördern.»

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25.07.2025 · 12:45 Uhr
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