Analyse: Westerwelle setzt auf «Wende»-Projekt

Stuttgart (dpa) - Es ist seine klare Absicht, kein neues Öl in das Feuer der Koalitionsstreitigkeiten zu gießen.

Nach dem Rumpelstart von Schwarz-Gelb meldet sich Guido Westerwelle bei dem Dreikönigstreffen in Stuttgart vielmehr mit seinem «Projekt» für eine «geistig-politische Wende» in Deutschland als FDP-Parteichef zurück: «Für die einen ist es eine Drohung, für die anderen ein Versprechen: Ich mische weiter in der deutschen Innenpolitik mit.»

Den Steuerstreit mit CDU/CSU, das Tauziehen um die Rolle des Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach oder die Gesundheitspolitik - Westerwelle macht dazu keine Lösungsvorschläge. Vielmehr setzt er seine ganze rhetorische Kraft dafür ein, die FDP als politischen Motor in der Koalition mit der Union zu präsentieren.

«Wir wollen weg von dem immer stärker Abkassieren bei denjenigen, die den Karren ziehen ... Wir wollen ein Deutschland, in dem sich Leistung wieder lohnt.» Mit diesem Kurs für «die vergessene Mitte» hat Westerwelle seine Partei im vergangenen Jahr nach elf Jahren wieder in die Regierung gebracht. Jetzt will er mehr: «Wir nehmen uns nicht vor, nur vier Jahre zu regieren.»

Stolz und selbstbewusst präsentieren sich die Freien Demokraten bei ihrem traditionellen Jahresauftakt-Treffen im überfüllten Stuttgarter Staatstheater. Als Birgit Homburger die inzwischen sehr lange Liste der anwesenden FDP-Minister und -Staatssekretäre aus Bund und Ländern vorträgt, muss selbst die badische Schnellrednerin ein paar Mal Luft holen. Die neue Bundestag-Fraktionschefin hält sich im Großen und Ganzen an das Gebot der Zurückhaltung im Umgang mit dem Koalitionspartner.

Nur in einer Nebenbemerkung lässt sie den Frust 'raus über die Bauchschmerzen, die CDU und CSU den Freidemokraten in den ersten gut 70 Regierungstagen bereitet haben mit ständigem Infragestellen der Koalitionsvereinbarungen: «Wer jetzt Machtspiele entfacht, der riskiert bewusst die Gestaltungsmehrheit im Land. Das werden wir verhindern.» Westerwelle selbst lobt sogar ausdrücklich die Spitzen der Union inklusive Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der nicht gerade als Fan der FDP-Steuerpolitik gilt.

Einen fulminanten ersten Rede-Auftritt erleben die etwa 1400 FDP- Anhänger vom neuen Generalsekretär Christian Lindner. In freier Rede skizziert er in gut 15 Minuten seine Vision einer «neuen FDP». Er reklamiert für seine Partei «die Deutungshoheit für soziale Verantwortung». Sein Credo: «Ein Sozialstaat, der Menschen zu Taschengeldempfängern degradiert, ist inhuman.» Ein immer wieder demonstrativ nickender Westerwelle und am Ende starker Beifall signalisieren: Die anstehende Programmdebatte in der FDP könnte lebhaft werden.

Die gute Stimmung trüben auch nicht Anhänger der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, die zu Beginn der Westerwelle-Rede ein Transparent ausrollen: «Erika Steinbach grüßt herzlich Polens Außenminister». Der Vizekanzler verbucht das als Teil der Meinungsfreiheit.

Ansonsten vermeidet er auch dieses konkrete Streitthema der Koalition. Westerwelle geht wohl davon aus, dass Steinbachs Rückzug aus dem Rat der Stiftung «Flucht, Vertreibung, Versöhnung» faktisch vollzogen ist. Auch hier setzt er weiter - wie in der Steuerdebatte - auf Sieg.

Parteien / FDP
06.01.2010 · 23:07 Uhr
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