Analyse: Schäubles Bangen vor Schreiber

Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat wahrscheinlich schon seit Tagen gewusst, dass für den einstigen Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber die Uhr in Kanada abgelaufen ist.

Während der Minister in den Dünen von Sylt Ferien macht, nahm die Nervosität in Berlin mit Schreibers Auslieferung zu. Besteht die Gefahr, dass die erzwungene Rückkehr Schreibers Folgen für die Politik und Politiker haben könnte? Diese Frage wird trotz demonstrativer Gelassenheit in Berliner Amtsstuben diskutiert.

Auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere war der einstige Fraktions- und Parteichef Schäuble im Frühjahr 2000 gestürzt - Schreiber hatte mit seiner 100 000-Mark-Spende an ihn daran einen großen Anteil. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der CDU-Spendenaffäre hat zwischen 1999 und 2002 vieles an kriminellen Machenschaften ans Tageslicht gebracht, einiges liegt aber nach wie vor im Dunkeln.

Dazu gehört unter anderem die Schreiber-Spende an Schäuble. Per Eidesstattlicher Erklärung versicherte Schäuble, die 100 000 Mark von Schreiber (Schreiber: «Bildband mit 100 hässlichen Männern») am 22. September 1994 in seinem Bundestagsbüro erhalten und an die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister weitergegeben zu haben. Ebenfalls an Eides statt versicherte Baumeister dagegen, sie habe von Schreiber im Oktober 1994 im bayerischen Kaufering einen Umschlag von Schreiber ohne präzise Angaben zum Inhalt erhalten und an Schäuble weitergeleitet.

Dieser soll das Kuvert mit der Bemerkung, da sei Geld von Schreiber drin, an Baumeister zurückgegeben haben. Zusätzlicher Hinweis: Das Geld sei für die Bundespartei zu verwenden. In der CDU-Buchhaltung tauchte der Betrag damals nicht auf. Nach wie vor stehen bei Schäuble und Baumeister Aussage gegen Aussage. Auch ein Berliner Gericht kam in einem Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage nicht weiter und stellte das Verfahren ein.

Schreiber könnte die Widersprüche nun aufklären und damit Schäuble 15 Jahre nach dem Ereignis in Bedrängnis bringen. Aus Kanada hatte der Lobbyist die Version der Ex-Schatzmeisterin unterstützt. Deshalb wird mit großer Spannung erwartet, ob Schreiber in dem noch nicht terminierten Hauptverfahren vor dem Augsburger Landgericht überhaupt aussagt oder schweigt.

Schreiber ist in dem Prozess der Angeklagte und kein Zeuge, dessen Aussagen anders zu bewerten wären. Er müsste seine Darstellungen auch nachvollziehbar belegen können. Dann würde - so argumentierten am Dienstag in Prozessverläufen erfahrene Politiker - auch deutlich, ob Schreiber nur ein großmäuliger Aufschneider sei oder ob er tatsächlich noch «Giftpfeile im Köcher» habe. Dies wird auch den Innenminister Schäuble interessieren.

In seinem im Jahr 2000 erschienenen Buch «Mitten im Leben» (C. Bertelsmann-Verlag) widmet Schäuble der Schreiber-Spende mehrere Absätze. Mit den schwarzen CDU-Kassen und den alle Regeln missachtenden Spendensammlungen und -Verbuchungen durch Ex-CDU-Chef und Alt-Kanzler Helmut Kohl hat Schäuble nichts zu tun.

In seinem Buch schreibt Schäuble über eine Klausurtagung der CDU-Führung, in der er ausführte, von Schreiber «eine Spende» in Empfang genommen zu haben, «die von der Schatzmeisterei nicht ordnungsgemäß behandelt» worden sei. Dann folgt die Erzählung über die zwischen Baumeister und Schäuble umstrittene Weitergabe des Geld-Kuverts. Kein Wort über den präzisen Geldbetrag.

Zwei Seiten später berichtet Schäuble selbstkritisch über eine Bundestagsdebatte zur Einsetzung des Spendenausschusses am 2. Dezember 1999 - also fünf Jahre nach dem Schreiber-Besuch in seinem Büro - und schreibt von einem «verhängnisvollen Fehler»: In seiner Rede habe er nur von einem Treffen mit Schreiber und nicht von der 100 000-Mark-Spende gesprochen. Erst im Januar 2000 entschuldigt sich Schäuble im Bundestag für sein Verhalten. Einen Monat später verzichtete er auf den Fraktions- und Parteivorsitz.

Affären / Kriminalität / Schreiber
04.08.2009 · 17:38 Uhr
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