Analyse: Saar-Grüne setzen Segel nach «Jamaika»

Saarlouis (dpa) - Das Saarland nimmt Kurs auf «Jamaika», und aller Voraussicht nach kann der bisherige CDU-Kapitän Peter Müller auf der Kommandobrücke bleiben.

Sechs Wochen nach der Landtagswahl ist klar: Die Grünen wollen mit der CDU und der FDP zusammen eine Regierung bilden. Ihr Landesparteitag stimmte am Sonntag mit überraschend großer Mehrheit zu: 78 Prozent Zustimmung für einen Plan, den vor Wochen viele für kaum umsetzbar hielten.

Das kleinste Flächenland der Republik wird damit wohl das erste schwarz-gelb-grüne Testlabor - und kein Ort der Hoffnung für die nach der Bundestagswahl am Boden liegende SPD. Das Ziel, mit einem rot- rot-grünen Linksbündnis ein Zeichen für neue Mehrheiten zu setzen, bleibt unerreicht.

Die grünen Königsmacher, die am 30. August gerade 5,9 Prozent der Stimmen bekamen, sind mit drei Sitzen zwar die kleinste Fraktion, aber eben auch das Zünglein an der Waage im Saarbrücker Landtag. Und Landeschef Hubert Ulrich hat das weidlich ausgenutzt. «Es muss im Saarland einen echten Politikwechsel geben», sagte er in seiner Rede. Anders als viele Grüne geglaubt hatten, soll das nun auch mit Union und FDP möglich sein. Wochenlang hatten die Grünen mit allen möglichen Partnern sondiert und dabei auf allen Seiten viele und kaum erhoffte Zugeständnisse eingeheimst.

Zwei Ministersessel, mit Bildung und Umwelt zudem bedeutende Ressorts, die Abschaffung der Studiengebühren, eine Bildungsreform hin zur Gemeinschaftsschule: Die Wunschliste der Grünen war lang, und alle Seiten sind ihnen weit entgegengekommen - der mit satten 13 Prozentpunkten Verlust aus der Wahl gekommene Müller wohl am meisten. «Inhaltlichen Ausverkauf» nannte SPD-Landeschef Heiko Maas das. «Jetzt sind wir in einem Dilemma, was sollten wir tun?», fragte Ulrich die rund 150 Delegierten und gab die Antwort gleich hinterher: «Wir brauchen ein stabiles Fundament.»

Für Ulrich war das vor allem mit der Linken und ihrem Spitzenmann Oskar Lafontaine nicht machbar. «Ich habe nicht das geringste Vertrauen in diesen Mann und in diese Partei.» Vor allem Lafontaines jüngster Schachzug, sich von der Fraktionsspitze in Berlin zurückzuziehen und mit einem größeren Engagement an der Saar «zu drohen», sei dabei wichtig. Für die SPD eine bittere Lektion, schreiben die Saar-Genossen doch auch die Niederlagen 1999 und 2004 dem einstigen SPD-Star mit aufs Konto. Die Volte Lafontaines mag für viele unentschlossene Grüne den endgültigen Ausschlag gegeben haben. Lafontaine selbst sprach nach der Entscheidung von einem Bündnis der «Wahlbetrüger».

Für die SPD ist es ein doppelt schwarzer Tag. Maas muss nun aller Voraussicht nach fünf weitere Jahre die harte Oppositionsbank drücken - kein befriedigender Job für einen, der nun mit 43 Jahren unbedingt wieder regieren wollte. Unter Lafontaine war er in den 90er Jahren bereits Umweltstaatssekretär, danach unter Reinhard Klimmt Umweltminister. 2004 war Maas Spitzenkandidat und mitten im Streit um die Agenda-Politik gescheitert. Mit 30,8 Prozent fuhr er eines der schlechtesten SPD-Ergebnisse an der Saar ein.

Am 30. August hat seine Partei das noch deutlich unterboten. Doch so nah wie 2009 war Maas der Staatskanzlei noch nie. Allein die rechnerische Möglichkeit einer rot-rot-grünen Koalition versetzte die Sozialdemokraten am Wahlabend in Euphorie. Davon bleibt nun nur Wut, Trauer und Enttäuschung.

Aber auch die Bundes-SPD hat noch einmal einen Dämpfer erhalten. Die Grünen lassen sich nicht automatisch in ein rot-rot-grünes Oppositionslager einordnen. «Darum geht es uns auch», sagt Ulrich, der schon früher in Kommunen für schwarze Bündnisse zu haben war. Für Maas tue es ihm leid. «Wir wollten Heiko Maas als Ministerpräsident», sagte Ulrich. «In einer Ampel-Koalition.» Die sei aber «leider Gottes» nicht machbar. Die Hoffnung der SPD, dass nach dem großkoalitionären Drama in Thüringen und dem schauderhaften Ergebnis der Bundestagswahl wenigstens von der Saar ein Aufbruchsignal kommt, ist damit gestorben.

Koalition / Saarland / Grüne
11.10.2009 · 21:43 Uhr
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