Analyse: Merkel bleibt auf "Weiter so"-Kurs
Es ist kein Freudentag für die CDU. Vier Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl, die Christdemokraten wollen am kommenden Sonntag die heiße Wahlkampfphase einläuten. Doch die herben Verluste im Saarland und in Thüringen dämpfen die Stimmung. Die Forderung von CSU-Chef Horst Seehofer nach «Vollgas» im Wahlkampf prallt an der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden ab. Doch auch in ihrer Partei regt sich Unmut.
Angela Merkel trägt an diesem Montag einen lila Blazer. Im Volksmund gilt die Farbe auch als Symbol für die letzte Hoffnung. So, als würde sie nun ihre Wahlchancen schwinden sehen, wirkt aber nicht. Sie gibt die Unbeirrte, die sich ihrer Strategie sicher ist.
Am 27. September wollen CDU und FDP gemeinsame Sache machen, doch die Landtagswahlen in Sachsen, im Saarland und Thüringen haben die Hoffnung ein wenig getrübt, auch wenn das Ziel weiter steht. Nur Sachsen gilt als Vorzeigeland, wo die Koalition mit der SPD nun wohl einem schwarz-gelbem Bündnis weicht. Merkel zeigt sich dennoch selbstbewusst. «Ich bin da sehr guten Mutes.» Zugleich macht sie deutlich, dass es von nun an auf jede Stimme ankommt.
Die Stimmen in den eigenen Reihen sind damit nicht gemeint. Es dauerte nur wenige Stunden, bis nach den Landtagswahlen die ersten Forderungen nach Kurskorrekturen im Wahlkampf laut wurden. Der Chef des CDU/CSU-Mittelstandsflügels, Josef Schlarmann, will mehr Inhalte statt Personen. «Der Bundestagswahlkampf stellt auf Frau Merkel ab, aber es müssen jetzt auch die Inhalte und Konzepte deutlicher gemacht werden.» Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, hält eine schwarz-gelbe Koalition noch nicht für ausgemacht. Also müsse der Kurs offensiver werden, fordert er.
Manche nennen Merkel auch die «Teflon»-Kanzlerin, weil so manches an ihr abprallt. Auch in diesem Fall. Der Vorstand sei sich einig, «dass wir an der Strategie (...) überhaupt nichts zu ändern haben, dass wir vollkommen richtig liegen», sagt die Parteivorsitzende. Die Verhältnisse seien aggressiver geworden, meint Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Die Abgrenzung gegen Rot-Rot- Grün ist auch ein Thema, aber eine neue Rote-Socken-Kampagne soll es nicht geben. «Ich werde nicht in Lagern denken, sondern um Menschen werben, deshalb werde ich da auch nicht aggressiver werden», sagt Merkel.
Die beiden Wahlverlierer, Peter Müller und Dieter Althaus, reagieren ganz unterschiedlich auf die Verluste in ihren Ländern. Müller kann trotz allem noch lächeln, das fällt Althaus schon deutlich schwerer. Er wirkt abgekämpft auf dem Podest im Konrad- Adenauer-Haus. Auf die Frage, ob beide an Rücktritt gedacht haben, sagt Müller nur kurz: «Nein.» Sein Thüringer Parteifreund verweist auf die Aufgabe, seine Partei zu führen und stabile Verhältnisse anzustreben. Auch Merkel spricht von «klaren und stabilen Verhältnissen» - sie meint damit die Bundestagswahl. Ihr violetter Blazer symbolisiert jedenfalls auch die Zweideutigkeit: Blau - als eine Farbe der Liberalen - und Rot.