Analyse: Für den Westen wird sich nicht viel ändern

Teheran (dpa) - Der amtierende iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad (52) und seine Anhänger sind sich absolut sicher, dass sie die Wahl klar für sich entscheiden. Aber auch sein größter Herausforderer, Mir Hussein Mussawi (67), glaubt fest an einen Sieg schon in der ersten Wahlrunde.

Und sogar der moderate Kleriker Mehdi Karrubi (72) rechnet sich Chancen aus, zumindest in eine Stichwahl zu kommen.

«Realistisch gesehen hat Ahmadinedschad immer noch die besseren Karten, da er vom Establishment, besonders dem Klerus, den Revolutionsgarden und dem Basar, unterstützt wird, und auch der Führer steht eher hinter ihm als hinter Mussawi», sagt ein Wahlbeobachter in Teheran. Zwar hat der unangefochtene oberste Führer der Islamischen Republik Ajatollah Ali Chamenei Spekulationen über eine Unterstützung Ahmadinedschads dementiert, aber das Präsidentenlager rechnet fest mit dem Segen des Ajatollahs.

«Ahmadinedschad könnte bei der Wahl eher an sich selbst scheitern als an Mussawi», sagt ein iranischer Journalist. Die wirtschaftliche Krise, hohe Inflation und Arbeitslosigkeit sind derzeit die größten Probleme des Landes, und sie werden dem Präsidenten angekreidet. «Die derzeitige Armut heißt ja nicht, dass wir arm sind, sondern ist das Ergebnis einer Misswirtschaft», kritisiert Mussawi die Wirtschaftspolitik des Amtsinhabers. Eine hohe Wahlbeteiligung könnte daher viele Proteststimmen gegen Ahmadinedschad bringen, von denen Mussawi und auch Karrubi profitieren könnten.

Die Atom- und Außenpolitik des Präsidenten spielt zwar bei den Kandidaten eine größere Rolle, nicht aber bei der Mehrheit der Wähler. Für sie ist die Wirtschaft und eine Verbesserung ihres Lebensstandards weitaus wichtiger als die Zahl der Zentrifugen zur Urananreicherung oder eine eventuelle Aufnahme der Beziehungen zum Erzfeind USA. Mussawi hat daher seinen Wahlkampf auf die Arbeiterklasse und deren Gewerkschaften ausgerichtet. «Ich stand immer auf der Seite der Arbeiter und werde das auch in Zukunft tun, und im Gegensatz zum jetzigen Präsidenten halte ich auch, was ich verspreche», erklärt Mussawi.

Ahmadinedschad behauptet, mit seiner Außenpolitik dem Land «Würde und Selbstbewusstsein» zurückgebracht zu haben. Mussawi hält dem Präsidenten vor, mit seiner radikalen Politik im Atomstreit und im Nahen Osten, dem Land unnötige Feinde im Ausland gemacht zu haben. «Was wir brauchen ist der Weg zurück zu einer Politik der Vernunft», sagt Mussawi. Ahmadinedschad dagegen wirft dem ehemaligen Ministerpräsidenten und seinen Beratern vor, sie seien schwach und würden gegenüber dem Westen einknicken.

Hinter Mussawi steht die Oppositionskoalition der moderaten und reformorientierten Parteien, die den beiden Ex-Präsidenten Mohammed Chatami und Akbar Haschemi Rafsandschani nahestehen. Besonders wegen Chatamis uneingeschränkter Unterstützung für Mussawi kann jener auch auf Stimmen von Akademikern, Intellektuellen und Künstlern zählen. «Auf dem Wahlzettel steht "Mussawi", verstanden wird aber "Chatami"», sagt ein ehemaliger Mitarbeiter Chatamis.

Die Umfragen im Iran variieren je nachdem, welche Organisation sie macht. Bei den Prognosen der staatlichen Medien, die Ahmadinedschad nahestehen, liegt der Präsident immer vorne. Bei den Pro-Mussawi- Medien genau umgekehrt. Die Opposition setzt jedoch auf eine Aufbruchstimmung wie bei der Wahl vor zwölf Jahren, als 70 Prozent der Wähler nicht nur für Chatami, sondern auch gegen das Establishment stimmten. «Wir brauchen die gleiche Aufbruchstimmung wie 1997, um diesem Alptraum ein Ende zu setzen», sagt Faeseh Haschemi, die Tochter des Ex-Präsidenten Rafsandschani.

«Für den Westen wird sich jedoch auch mit Mussawi nicht viel ändern», prophezeit ein europäischer Diplomat in Teheran. Zwar hat Mussawi die Außenpolitik Ahmadinedschads harsch kritisiert, aber auch er will an dem Atomprogramm und der kontroversen Urananreicherung festhalten. Mit US-Präsident Obama will der Herausforderer, genauso wie Ahmadinedschad, nur dann reden, wenn die US-Politik sich auch in der Praxis ändert. Und im Nahostkonflikt steht Mussawi ebenso auf der Seite der Palästinenser und würde Israel als souveränen Staat nie anerkennen. «Gleiche Politik, nur mit einer milderen Rhetorik und einem Lächeln», sagt der Diplomat zu der Aussicht, dass Mussawi die Wahl gewinnt.

Wahlen / Iran
12.06.2009 · 12:36 Uhr
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