Analyse: Ein G20-Gipfel will Geschichte schreiben

Cannes (dpa) - Nicolas Sarkozy, Gastgeber des G20-Gipfels, will und muss in der Griechenland-Krise Führungsstärke zeigen. Europas Ruf in der Welt steht auf dem Spiel. Seine Stabilität auch.

Das kleine Format ist die Sache von Nicolas Sarkozy nicht. Was hat er sich nicht alles vorgenommen für diesen Gipfel mit den Mächtigsten: das Weltwährungssystem reformieren, die Banken an die Kette legen, die explodierenden Nahrungspreise eindämmen, das globale Wachstum anschieben und natürlich ein Europa präsentieren, das seinen Laden in Ordnung halten kann. Oder, wie es der Slogan des G20-Gipfels auf den Punkt bringen will: «In Cannes wird Geschichte geschrieben.» Vermutlich wird es eine andere, als Sarkozy sich wünscht.

Seit Griechenlands Premier Giorgos Papandreou am Montagabend seine Referendums-Rede vor den sozialistischen Abgeordneten in Athen gehalten hat, ist Sarkozys G20-Drehbuch Makulatur. Papandreous Satz - «Das ist ein Akt der Demokratie» - vernichtete binnen Stunden Milliardenwerte an den internationalen Börsen. Auch wenn sich die Kurse wieder etwas erholten, schlimmer ist - und auf die Schnelle kaum zu reparieren - das zerstörte Vertrauen in den Griechen wie auch in die Kraft der europäischen Gemeinschaft.

Denn genau das wollen Sarkozy, Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen europäischen Spitzen den Staats- und Regierungschefs aus Amerika, Asien und Afrika an diesem Donnerstag und Freitag demonstrieren: Stärke, Entschlossenheit, die Fähigkeit zur Reform und Veränderung. Überspitzt formuliert, bedroht nun möglicherweise der Verzweiflungsakt Papandreous die mancherorts immer noch unter den Folgen der letzten Krise leidende Weltwirtschaft. Ökonomen, wie zuletzt von der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), machen genau diese ständige Unsicherheit als Konjunktur-Killer Nummer eins aus.

Um zu retten, was zu retten ist, und um sich von Angesicht zu Angesicht erklären zu lassen, was es mit dieser heimlich ausgeheckten griechischen Volte auf sich hat, lud Sarkozy für den Vorabend des G20-Gipfels zu einer Krisenrunde, die inzwischen als Frankfurter Runde sogar ein eigenes Label bekommen hat. Sarkozy, Merkel, die Spitzen der EU sowie die IWF-Führung hatten sich erstmals vor den EU-Gipfeln zur Griechenland-Krise in Frankfurt am Main zusammengesetzt und letztlich die Weichen für den Erfolg gestellt.

Was die verärgerte Kanzlerin erwartete, machte sie schon mal in Berlin klar: ««Ich kann nur sagen, dass wir zu einem Punkt kommen müssen, wo wir genau wissen, was jetzt erfolgt. Für uns zählen Taten.» Und Frankreichs Premier Francois Fillon war noch etwas schärfer im Ton - sicher auch im Sinne seines Chefs: «Die Griechen müssen schnell und ohne Doppeldeutigkeit erklären, ob sie - ja oder nein - ihren Platz in der Eurozone behalten wollen.» Leicht vorzustellen, wie die Stimmung beim Gespräch Papandreous mit Merkel und Sarkozy wohl war.

Der Grieche reiste äußerlich gelassen nach Cannes, riskiert aber schon am Freitag seinen Job zu verlieren. Er will sich im Parlament der Vertrauensfrage stellen - angesichts einer hauchdünnen Zwei-Stimmen-Mehrheit ein Ritt auf der Rasierklinge.

Sicher haben sich einige der düpierten europäischen Partner längst die Frage gestellt: besser mit oder besser ohne Papandreou? Die Finanzmärkte, die gerade wieder ein wenig Vertrauen in die Politik fassten, werden ihr Misstrauen wohl erneut in Wetten auf den wirtschaftlichen Niedergang von Ländern wie Italien und Spanien ummünzen.

Ob nun aus dieser verkaterten Stimmung mutige und überfällige Impulse für den G20-Gipfel kommen? Unwahrscheinlich. Nach dem, was bisher von der Abschlusserklärung öffentlich wurde, ist immerhin zu erwarten, dass schärfere Kontrollen der größten Finanzhäuser der Welt angestoßen werden. Auch die unkontrollierten Milliardenströme in hochriskante Geschäfte will die Gruppe der 20 eindämmen. Aber fraglich ist, ob beispielsweise im schwelenden Streit um künstliche Wechselkurs - China kontra USA kontra Japan - eine Lösung möglich ist. Statt Geschichte zu schreiben, muss der französische Präsident wohl eher moderieren: auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Korr-Ausland / EU / Finanzen / G20 / Gipfel
02.11.2011 · 21:57 Uhr
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