EU kämpft um mehr Macht in Sachen Klimaschutz

Sevilla (dpa) - Vor dem UN-Klimagipfel in Mexiko kämpft Europa um mehr Macht auf der Weltbühne. Bei einem Treffen im spanischen Sevilla berieten die europäischen Umweltminister am Samstag entsprechende Strategien.

Besonders mit Blick auf China will sich Europa in Stellung bringen. In der Frage der eigenen Klimaschutzziele, die die EU in den Weltklimaverhandlungen in die Waagschale legen will, zeigte sich das Bündnis aber erneut gespalten.

Die EU wolle sich unter anderem darum bemühen, die diplomatischen Netzwerke der einzelnen Mitgliedstaaten besser zu nutzen und miteinander zu vernetzen, kündigte der belgische Umweltminister Paul Magnette an, der Europa in Mexiko vertreten wird. Um die Entwicklungs- und Schwellenländer beim Klimaschutz zum Mitmachen zu bewegen, wolle Portugal seine Beziehungen zu Brasilien spielen lassen, oder Belgien zur Demokratischen Republik Kongo.

Da Europa «kein machtpolitischer Riese» sei, müssten «taktische Allianzen» geschmiedet werden, forderte Deutschlands Ressortchef Norbert Röttgen. «Wir müssen über das Selbstverständnis Europas reden nach Kopenhagen, wo Europa ja nicht die Rolle gespielt hat, die genug war, um zum Erfolg beizutragen.» Sein französischer Amtskollege Jean-Louis Borloo brachte eine Kohlendioxid (CO2)-Steuer an Europas Außengrenzen für den Fall ins Gespräch, dass auch Mexiko scheitern sollte.

Europa hofft auf den Abschluss eines rechtlich verbindlichen Abkommens im Dezember in Mexiko, nachdem vor allem die USA und China beim Klimagipfel in Kopenhagen auf Blockadekurs gegangen waren. Mexiko gilt im Kampf gegen die Erderwärmung als letzte Chance für ein globales Abkommen, da 2013 die erste Verpflichtungsphase des Kyoto-Protokolls ausläuft. Die EU will keine zweite Phase eingehen, da die USA und die Schwellenländer bei dem Protokoll nicht mitmachen.

Der Chef des Umweltausschusses im Europaparlament, Jo Leinen, forderte eine Klimaschutzdiplomatie der EU. Zwar dürfe man jetzt trotzdem nicht die UN verlassen. «Auf der anderen Seite können wir uns auch nicht blockieren lassen von einer Hand voll Ländern», forderte er mit Blick auf Staaten wie den Sudan, die in der letzten Nacht in Kopenhagen erreicht hatten, dass ein zuvor von den USA und den großen Schwellenländern ausgehandelter Minimal-Kompromiss nicht beschlossen, sondern lediglich «zur Kenntnis» genommen wurde.

In einer vorläufigen Analyse des Kopenhagener Gipfels fordert auch die EU-Kommission, die EU müsse Lehren ziehen und die neuen Möglichkeiten nutzen, die das Staatenbündnis in internationalen Verhandlungen durch den neuen EU-Grundlagenvertrag von Lissabon hat. Dieser hat Europa erstmals einen eigenen diplomatischen Dienst sowie einen ständigen EU-Ratspräsidenten verschafft.

Der scheidende EU-Umweltkommissar Stavros Dimas kündigte an, Europa werde sich für die Schaffung einer eigenen UN-Umweltorganisation einsetzen; bislang gibt es lediglich das Umweltprogramm UNEP. Diese solle die Weltklimaverhandlungen koordinieren und mit den internationalen Finanzinstitutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) «auf Augenhöhe verhandeln».

Teil des Kopenhagen-Kompromisses ist, dass jedes Land bis zum 31. Januar bei den Vereinten Nationen sein CO2-Reduktionsziel hinterlegt. Dies soll als Grundlage für den weiteren globalen Prozess dienen. Da die EU als ein Verhandlungsteilnehmer auftritt, soll am 31. Januar eigentlich ein einheitliches EU-Ziel hinterlegt werden. Bei den Beratungen in Sevilla zeichnete sich in dieser Frage aber Streit ab.

Das bislang beschlossene Ziel sieht eine Verringerung um 20 Prozent bis 2020 vor. Wenn andere Industrieländer im Rahmen eines verbindlichen Weltklimaabkommens vergleichbare Zugeständnisse machen, soll der Ausstoß sogar um 30 Prozent verringert werden. Nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern konnten sich Deutschland, Frankreich, Großbritannien und andere nicht gegen Polen, Ungarn und Italien durchsetzen mit dem Vorschlag, die Bedingungen für die Erhöhung auf 30 Prozent als politisches Signal nach außen anders zu formulieren.

So wäre es möglich, die 30 Prozent anzubieten versehen mit der Fußnote, dies würde nur im Rahmen eines Weltklimavertrags geschehen. «20 Prozent ist keine wirkliche Ambition mehr. Da braucht es nicht mehr viel», sagte Röttgen. «30 Prozent ist etwas, das unsere Volkswirtschaften leisten können.» Als nächstes sollen sich nun die europäischen Botschafter mit dem Streit befassen.

EU / Umwelt
16.01.2010 · 21:17 Uhr
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