Koalitionsverhandlungen

Zweite Halbzeit: Union und SPD verhandeln dicke «Brocken»

28. März 2025, 21:29 Uhr · Quelle: dpa
Koalitionsverhandlungen von Union und SPD
Foto: Michael Kappeler/dpa
Die Spitzenverhandler trafen sich in der SPD-Zentrale.
Demonstrativ optimistisch, so präsentieren sich die Spitzenverhandler von Union und SPD. Doch große Fragen in den Koalitionsgesprächen sind noch nicht geeint. Viel Arbeit für die nächsten Tage.

Berlin (dpa) - Jetzt geht es um die ganz großen Kompromisse: Bei den Koalitionsgesprächen von CDU, CSU und SPD ist seit heute eine 19-köpfige Spitzenverhandler-Gruppe am Zug. Ihre Aufgabe für die nächsten Tage: Die großen Streitthemen klären und festlegen, welche Wünsche sich überhaupt finanzieren lassen. Ergebnis soll ein Koalitionsvertrag und damit die Agenda einer schwarz-roten Bundesregierung sein.

«Wir müssen ein gemeinsames Bild zeichnen, wie wir uns denn die Bundesrepublik Deutschland in den nächsten zehn Jahren vorstellen, wie dieses Land aussehen soll», kündigte der mutmaßlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor dem ersten Treffen in der SPD-Zentrale an.

Zum Auftakt sprach die Runde etwa fünfeinhalb Stunden, gefolgt von einem gemeinsamen Abendessen. Davor zeigten sich Vertreter aller drei Parteien sich optimistisch, im Laufe der Verhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen. SPD-Chef Lars Klingbeil betonte: «Wir wissen um die Größe der Aufgabe, die wir haben. Wir wissen, dass es darum geht, eine stabile Regierung in unserem Land zu bilden und wir wollen, dass das klappt.»

Große «Brocken» offen

Bei der Regierungsbildung steht viel auf dem Spiel – denn Alternativen zu einer schwarz-roten Koalition gibt es nicht, wenn man eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt. «Wir müssen Erfolg haben», betonte daher auch CSU-Chef Markus Söder.

Es gebe aber «noch einige Brocken», die man nun gemeinsam aus dem Weg zu räumen versuche, sagte CDU-Chef Merz. Dabei geht es nach Angaben der Verhandler um mehr als nur darum, die Vorschläge der Fach-Arbeitsgruppen in ein gemeinsames Papier zu überführen und Streitfragen zu lösen.

«Die Aneinanderreihung von vielen guten Forderungen macht noch keinen Koalitionsvertrag aus», sagte Klingbeil. Die Spitzenverhandler müssten auch prüfen, ob das alles «groß genug» sei angesichts der Herausforderungen, vor denen Deutschland stehe.

Finanzfragen zum Auftakt

Im Mittelpunkt der ersten beiden Gesprächstage Freitag und Samstag sollen die Finanzen stehen. Hier liegen Union und SPD wohl noch am weitesten auseinander: Etwa bei der Frage, ob Spitzenverdiener künftig höhere Steuern zahlen sollen, wie Erbschaften besteuert werden und ab wann die angepeilte Unternehmensteuerreform greifen soll.

«Natürlich geht der Blick auf die Finanzen», betonte Klingbeil. «Uns ist völlig klar, wir können nur einen Koalitionsvertrag vorlegen, der geprägt ist von soliden Finanzen, von Projekten, die wir für wichtig halten, die durchfinanziert sind.» Man wollte unbedingt den Fehler der Ampel-Koalition verhindern, die gute Dinge aufgeschrieben habe, die aber nicht finanziert gewesen seien.

«Wir werden umfassend sparen müssen», kündigte Merz an. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte am Donnerstag in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner gesagt, es sei überhaupt nicht verwunderlich, dass sich die Arbeitsgruppe für Finanzen, Steuern und Haushalt nicht habe einigen können. «Das war auch allen klar, dass das nur in einer Spitzenrunde verhandelt werden kann.» Die SPD sei für eine Erhöhung bestimmter Steuern, die Union wolle sie senken, da sei ein Kompromiss «relativ schwierig zu finden».

Zweiter Streitpunkt: Migration

Die Entscheidungen im Bereich Finanzen bilden die Grundlage dafür, was man sich in anderen Bereichen leisten kann. Doch das ist nicht das einzige Thema, bei dem noch Kompromisse zu finden sind, die für einzelne Verhandler schmerzhaft werden. «Wir brauchen in wesentlichen Fragen der deutschen Politik einen neuen Anlauf», mahnte Merz. Er nannte neben der Finanzplanung unter anderem die Eindämmung der irregulären Migration.

Die Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen ist ein Hauptstreitpunkt, zu dem in den bisherigen Gesprächen nur ein Formelkompromiss gefunden wurde. Danach soll die Zurückweisung «in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn» möglich sein. Ob das bedeutet, dass Nachbarstaaten nur über dieses Vorgehen informiert werden sollen oder zustimmen müssen, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Die Arbeitsgruppe hat auch offen gelassen, ob die nächste Bundesregierung der Forderung der Union nachkommen wird, Asylverfahren außerhalb der EU zu ermöglichen. Auch das Staatsbürgerschaftsrecht wollen die Unions-Unterhändler anders als die SPD verschärfen. Es soll geprüft werden, ob «Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen», die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden kann, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.

Verhandler zeigen Optimismus

Angesichts der vielen noch offenen Punkte muss Merz nun neues Verhandlungsgeschick beweisen. Ursprünglich hatte er angepeilt, bis spätestens Ostern eine Regierung zu bilden. Inzwischen ist der CDU-Chef von der strengen Zeitvorgabe aber abgerückt und betont, Qualität gehe beim Koalitionsvertrag vor Schnelligkeit.

SPD-Chefin Saskia Esken bremste die Erwartungen vieler Fachpolitiker auch in den eigenen Reihen. Die Arbeitsgruppen hätten eine «Sammlung von sehr, sehr vielen Ideen und sehr, sehr vielen Wünschen» aufgeschrieben. «Aber man muss schon sehr deutlich sagen: Unsere Mittel sind begrenzt. Die Legislatur ist übrigens auch begrenzt. Wir schreiben keinen Koalitionsvertrag über die nächsten 20 Jahre», betonte sie.

Doch alle Protagonisten bemühen sich um demonstrativen Optimismus: «An ein paar Punkten haben wir noch unterschiedliche Auffassungen, aber wir werden es gemeinsam dann schon wuppen und wir werden am Ende auch zu einem guten Ergebnis ist kommen, da bin ich sicher», sagte Söder.

Koalition / Bundesregierung / Partei / CDU / CSU / SPD / Deutschland
28.03.2025 · 21:29 Uhr
[6 Kommentare]
Regierungsbildung - Mitgliedervotum der SPD
Berlin (dpa) - Die Mitglieder der SPD haben über den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU entschieden. Das Ergebnis wird aber erst im Laufe des Vormittags (gegen 10.30 Uhr) bekanntgegeben. 15 Tage lang konnten die 358.000 SPD-Mitglieder ihre Stimme abgeben, um 23.59 Uhr schloss das digitale Wahllokal. Koalitionsvertrag soll Montag unterzeichnet werden Sollte eine Mehrheit zugestimmt haben, steht der […] (00)
vor 58 Minuten
Glasfaser warnt vor Vulkanausbrüchen: Frühwarnsystem auf Island erfolgreich getestet
In der Erde und am Grund der Meere liegen Millionen Kilometer Lichtwellenleiter (LWL), auch Glasfaserkabel genannt. Dass sie gigantische Datenmengen ruckzuck übertragen können ist bekannt. Dass man sie auch für andere Zwecke wie die Prognose von Erdbeben, Tsunamis und, wie es jetzt geschieht, von Vulkanausbrüchen nutzen kann, weniger. Ein Team um Zhongwen Zhan, Professor für Geophysik am […] (01)
vor 6 Stunden
Xiaomi Poco M7
Berlin (dpa/tmn) - Die Poco-Smartphones von Xiaomi sind vor allem dafür bekannt, dass sie erschwinglich sind. Das gilt auch für das neue 200-Euro-Gerät Poco M7 Pro 5G. Gleichzeitig hat es aber Funktionen, die andere Hersteller ihren Oberklasse-Smartphones - bis hin zum iPhone - vorenthalten. Die Poco-Modellreihe ist lang. Das M7 Pro tut sich durch eine interessante Kombination aus günstigem Preis, Hardware, zurückhaltendem Design, drei eher […] (00)
vor 2 Stunden
PS Plus und Game Pass „nicht die Zukunft des Gamings“ – sagt US-Analyst
Was steckt hinter der Aussage? Laut Piscatella haben sich die Ausgaben der US-Spieler für Abo-Dienste wie PS Plus und Game Pass seit 2021 kaum verändert. Nur einmal, zum Release von Call of Duty: Black Ops 6, sei ein kurzfristiger Anstieg von 14 Prozent zu beobachten gewesen. Soweit so gut. Dabei sind die Preise in diesem Zeitraum sogar gestiegen, das bedeutet: Obwohl die Einnahmen stabil […] (00)
vor 3 Stunden
Martin Short moderiert «Match Game»
Zuletzt moderierte Alec Baldwin die Gameshow beim Fernsehsender ABC. ABC bringt Match Game zurück, das erstmals 1962 von Gene Rayburn moderiert wurde. Von 2016 bis 2021 lief eine Neuauflage bei ABC. In Deutschland moderierte Klaus Wilbolz «Schnickschnack» von 195 bis 1977 im Ersten, Mike Krüger «Punkt, Punkt, Punkt» 1991 im Ersten und von 1992 bis 1994 in Sat.1. Die neue ABC-Show wird von Martin Short moderiert. Die Wege sind kurz: Short ist […] (00)
vor 2 Stunden
FC Arsenal - Paris Saint-Germain
London (dpa) - Paris Saint-Germain ist nur noch einen Schritt vom Champions-League-Finale in München entfernt. Dank eines frühen Treffers des Ex-Dortmunders Ousmane Dembélé kam der französische Fußball-Meister in einem zumeist hochklassigen Halbfinal-Spiel zu einem 1: 0 (1: 0) beim FC Arsenal in London. Dembélé erzielte bereits in der vierten Minute das entscheidende Tor und verschaffte seiner […] (01)
vor 3 Stunden
Kostenloses Stock Foto zu 50 €, anlagestrategie, banknoten
Auf der Paris Blockchain Week 2025 sprach CryptoPotato mit Dimitar Stalimirov, dem Direktor für Markenmarketing bei Nexo, der Einblicke in die Neupositionierung des Unternehmens im Bereich Finanzdienstleistungen und digitale Vermögenswerte bot. Da sich die Branche ständig weiterentwickelt, scheint Nexo sich anzupassen, indem es neue Marketingstrategien, Geschäftsfelder und Methoden der […] (00)
vor 30 Minuten
Filterrinnen, Rigolen, Sickermulden: Regenwasser vor Ort behandeln und nutzen
Rastatt, 29.04.2025 (PresseBox) - Neue Heimat für die Tech-Avantgarde: Im Herzen von Karlsruhe wurde mit dem InformatiKOM ein zukunftsweisendes Gebäude eröffnet, das nicht nur architektonisch überzeugt, sondern auch durch die komplexe Entwässerungslösung von Hauraton. Der neue Campusbereich des Karlsruhe Institute of Technology (KIT), der in dreijähriger Bauzeit entstanden ist, beherbergt unter […] (00)
vor 8 Stunden
 
Stahlproduktion (Archiv)
München - Unternehmen in Deutschland haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre Geschäftsentwicklung […] (04)
Bundesanwaltschaft
Karlsruhe (dpa) - Die Bundesanwaltschaft hat einen früheren Mitarbeiter des AfD-Politikers […] (08)
Bundespressekonferenz (Archiv)
Berlin - Der langjährige SZ-Journalist Stefan Kornelius wird neuer Sprecher der […] (00)
„Trump 2028“ – Wenn Merchandise Verfassungen ignoriert
Caps, Claims, Verfassungsbruch? Während die Vereinigten Staaten noch an der Präsidentschaft von […] (00)
Jeremy Renner unterhielt sich mit einem imaginären Jamie Foxx.
(BANG) - Jeremy Renner unterhielt sich nach seinem fast tödlichen Unfall mit einem Schneepflug […] (00)
Drehbuchautor Bob Gale hat erneut darauf bestanden, dass es niemals einen vierten 'Zurück in die Zukunft'-Film geben wird.
(BANG) - Drehbuchautor Bob Gale hat erneut darauf bestanden, dass es "niemals" einen vierten […] (01)
FC Barcelona - Real Madrid
Madrid (dpa) - Trainer Carlo Ancelotti wird Medienberichten zufolge Real Madrid vorzeitig […] (04)
Elon Musk plant Mega-Finanzierungsrunde für xAI Holdings – bis zu 20 Milliarden Dollar angestrebt
Elon Musks neu gegründete xAI Holdings bereitet eine Finanzierungsrunde vor, die bis zu 20 […] (00)
 
 
Suchbegriff