Wirtschaftswende auf Kosten der Solidarität? FDP fordert Bürgergeld-Reform und Rente mit 63 auf dem Prüfstand
Die Vorschläge der FDP zur Reform des Bürgergeldsystems und zur Abschaffung der Rente mit 63 stehen kurz vor der internen Beschlussfassung, stoßen aber auf Widerstand innerhalb der Regierungskoalition. Einem aktuellen Bericht zufolge befindet sich das FDP-Präsidium in der Phase der finalen Entscheidungsfindung über ein Konzept, das eine verschärfte Handhabung von Jobablehnungen bei Bürgergeldempfängern und ein Ende der Rente mit 63 vorsieht. So sollen unter anderem jene Personen, die Arbeitsangebote ablehnen, mit sofortigen Kürzungen von 30 Prozent ihrer Leistungen rechnen müssen – ein scharfer Kontrast zu den bisherigen gradatim Regelungen. Dieser Vorstoß zum Umbau wesentlicher sozialer Sicherungssysteme in Deutschland wird nicht nur von der sozialdemokratischen Fraktion als kontraproduktiv betrachtet, sondern hat auch zu spürbaren Spannungen innerhalb der bestehenden Ampel-Koalition geführt. Das zweiseitige, reformorientierte Papier beinhaltet darüber hinaus Anreize wie steuerliche Vorteile für zusätzliche Überstunden und verspricht einen Bürokratieabbau, darunter im Bausektor. Trotzdem befindet sich die tatsächliche Anzahl jener Bürgergeldbezieher, denen wegen der Nichtannahme von Arbeitsangeboten die Leistungen gekürzt wurden, auf einem relativ niedrigen Niveau. Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass im vergangenen Jahr lediglich 15.774 Fälle von insgesamt ungefähr 5,5 Millionen Empfängern registriert wurden. Von diesen galten 3,9 Millionen als arbeitsfähig. Die Ansichten innerhalb der Koalitionspartner sind hierbei gespalten. Während die Grünen sich noch bedeckt halten, formuliert die SPD deutliche Kritik am liberalen Entwurf. Generalsekretär Kevin Kühnert sprach sich entschieden gegen eine Führung des Landes mit der Logik von "Investmentbankern" aus und betonte die Bindung an den Koalitionsvertrag. SPD-Chef Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich lehnen die Forderungen der FDP ebenfalls entschieden ab und stellen die Notwendigkeit zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Wirtschaftswachstum ohne Verschlechterung der Lage von Arbeitnehmern heraus. Die Diskussion um das Für und Wider der sozialpolitischen Ausrichtung der Bundesregierung verspricht auch in den nächsten Tagen weiterhin Spannung und gießt neues Öl in die Flammen einer bereits dynamischen politischen Debatte. (eulerpool-AFX)