Wirtschaftliche Auswirkungen des Lokführerstreiks: Eine Herausforderung für den Standort Deutschland
Seit dem frühen Donnerstagmorgen hat der neueste Ausstand der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer erhebliche Beeinträchtigungen für Bürger und Betriebe zur Folge. Die ökonomische Bilanz solch eines Unterfangens bleibt allerdings komplex und in großen Teilen spekulativ. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), tendenziell arbeitgeberorientiert, benennt bei diesen Streiksituationen lediglich Schätzungen. Michael Grömling, Experte für Konjunktur am IW, beziffert den potenziellen Verlust einer eintägigen Streikaktion auf schätzungsweise 100 Millionen Euro – vorausgesetzt, es kommt zu branchenübergreifenden Störungen in Produktion und Geschäftswesen. Grömling betont dabei den nicht-linearen Anstieg der Kosten bei einer Ausdehnung des Streiks über mehrere Tage, ähnlich den Beobachtungen während der Corona-Lockdowns.
Die volkswirtschaftlichen Beeinträchtigungen manifestieren sich durch den Wegfall von Gütertransporten, der Einfluss auf Industriezweige und die daraus resultierenden Konsumrückgänge im Dienstleistungsbereich. 40 Prozent des deutschen Güterverkehrs werden normalerweise über das Schienennetz abgewickelt, eine Verteilung, die nun empfindlich gestört ist. Diese Störungen bringen nicht nur logistische Herausforderungen mit sich, sondern bedeuten auch Einbußen für die Kooperationspartner dieser Branche.
Jedoch gibt es laut Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) bei der Hans-Böckler-Stiftung, kein eindeutiges Bild. Obgleich streikende Unternehmen Verluste erleiden mögen, können andere Marktteilnehmer unverhofft von diesen Umständen profitieren. Ein Streikausfall kann beispielsweise den Fahrzeugverleih oder die Tankstellen begünstigen. Dullien hebt hervor, dass solche begrenzten Streiks in der Vergangenheit keine langfristig sichtbaren Spuren in den Wirtschaftsdaten hinterlassen haben. Es sei üblich, dass entweder die betroffenen Unternehmen selbst oder Konkurrenten die ausgefallene Produktion und Umsätze zu einem späteren Zeitpunkt kompensieren, notfalls mit zusätzlichen Schichten.
Die Analyse legt nahe, dass trotz spürbarer Störungen durch den Streik der Lokführer das Resilienzpotenzial der deutschen Wirtschaft nicht unterschätzt werden sollte. Eben diese Anpassungsfähigkeit könnte langfristig dafür sorgen, dass der Streik nur eine vorübergehende Erschütterung, statt einer dauerhaften Beeinträchtigung des Wirtschaftsstandorts Deutschland darstellt. (eulerpool-AFX)