Windkraftausbau in deutschen Gewässern gestiegen, aber Netzkapazitäten begrenzt
Der Ausbau von Windenergie-Anlagen in deutschen Gewässern hat im Jahr 2023 leicht zugenommen, berichtet das Beratungsunternehmen Deutsche Windguard. Insgesamt wurden 1566 Windräder mit einer Gesamtinstallierten Leistung von 8,5 Gigawatt in Betrieb genommen, was einer Steigerung von fünf Prozent entspricht. Allerdings können diese Kapazitäten nicht vollständig genutzt werden.
Laut Merle Heyken, Projektmanagerin bei Deutsche Windguard, fehlen Netzkapazitäten an Land. Im vergangenen Jahr wurden daher 23,5 Terawattstunden eingespeist, was einem Rückgang von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie geht davon aus, dass es Verzögerungen von bis zu zwei Jahren bei den Anschlussleitungen für geplante Windparks geben kann. Netzbetreiber sprechen von Lieferengpässen bei wichtigen Bauteilen.
Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2030 jährlich mindestens 30 Gigawatt, bis 2035 mindestens 40 Gigawatt und bis 2045 mindestens 70 Gigawatt an Energie durch Offshore-Windparks zu erzeugen. Laut dem Bericht könnte das Ziel für 2030 erreicht werden, wenn Projekte, die zum Jahreswechsel in Betrieb, Bau und Vorbereitung waren, einbezogen werden. Allerdings müsste der Ausbau erheblich beschleunigt werden. Um das Ziel für 2030 zu erreichen, müssten durchschnittlich Anlagen mit einer Kapazität von 3,1 Gigawatt pro Jahr in Betrieb genommen werden. Um die Ausbauziele für 2035 und 2040 zu erreichen, müssten jedoch zusätzliche Flächen für die Windkraft ausgewiesen werden.
Die Branche warnt insgesamt vor Engpässen. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Energieanlagenbau-Verbands VDMA Power Systems, betont den steigenden Personalbedarf für den Bau und die Wartung der Anlagen, aber auch bei Häfen, Schiffen und Fertigung. Jens Assheuer, Vorstandsvorsitzender des Windindustrie- und Wasserstoffverbands WAB, fordert zusätzliche Hafenflächen von mindestens 200 Hektar, auf denen Kabel, Turbinen und andere Teile für Windparks gelagert und verschifft werden können. Er betont zudem die Notwendigkeit, Häfen gesetzlich als Projekte von überragendem öffentlichem Interesse auszuweisen, um Klagen von Umweltverbänden einzuschränken.
Auch das Vergabeverfahren für Offshore-Windflächen steht in der Kritik. Im vergangenen Jahr hat die Bundesnetzagentur erstmals Gebiete versteigert und dabei Milliardenerlöse erzielt, die vor allem in den Netzausbau fließen sollen. Dies wird sich jedoch auf die Stromkosten auswirken. Rendschmidt kritisiert dieses Verfahren, da das Geld in der gesamten Lieferkette fehlt und die zukünftigen Stromkosten, insbesondere für die Industrie, erhöht. Assheuer betont, dass das Geld wieder verdient werden muss und schlägt vor, einen Teil der Erlöse für den Bau dringend benötigter Hafenflächen zur Verfügung zu stellen. Mehrere Branchenverbände fordern zudem eine Begrenzung der Gebote bei Flächenauktionen und eine Präzisierung der Kriterien jenseits der Kosten.
Die meisten Offshore-Windparks befinden sich mindestens 40 Kilometer von der Küste entfernt und werden in Wassertiefen ab 20 Metern errichtet. Zukünftige Projekte werden immer weiter von der Küste entfernt geplant. Die neuen Windräder werden immer größer, mit einem Rotordurchmesser von bis zu 236 Metern und Nabenhöhen von bis zu 145 Metern.
Die Nordsee ist der Schwerpunkt des Offshore-Windkraftausbaus mit einer Leistung von 7,1 Gigawatt, während 1,4 Gigawatt in der Ostsee erzeugt werden. Die meisten Windparks speisen ihren Strom über Anschlussleitungen ans niedersächsische Festland ein, während die übrigen Nordsee-Windparks in Schleswig-Holstein angeschlossen sind. (eulerpool-AFX)