Weiter Streit um Gutschein statt Betreuungsgeld

Berlin (dpa) - Das von der CSU bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzte Betreuungsgeld löst weiter Streit aus. Kanzlerin Merkel (CDU) hält bei Hartz-IV-Empfängern und anderen armen Familien statt der Bargeldzahlung die Ausgabe von Bildungsgutscheinen für möglich, um Missbrauch zu verhindern.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete dies als eine «bisher beispiellose Diskriminierung einkommensschwacher Eltern».

Nach dem Koalitionsbeschluss sollen ab 2013 Eltern, die ihr Kind bis zum dritten Lebensjahr zu Hause selbst betreuen und auf eine Krippe oder den Kindergartenbesuch verzichten, 150 Euro monatlich erhalten. Die Kosten dafür werden von Experten auf bis zu 1,3 Milliarden Euro jährlich geschätzt - für den Fall, dass etwa jedes dritte Elternpaar von dem Angebot Gebrauch macht.

Merkel hatte am Donnerstagabend im TV-Sender N24 die seit Tagen anhaltende Kritik an den Plänen zurückgewiesen. Die Zweckentfremdung des Geldes könne verhindert werden. «Für Hartz-IV-Empfänger zum Beispiel wollen wir überlegen, ob wir Gutscheine anbieten, zum Beispiel für Bildung der Kinder oder für den Besuch bestimmter Einrichtungen», sagte Merkel.

Auf die Behauptung des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD), das Geld werde von der Unterschicht ohnehin nur «versoffen», entgegnete die Kanzlerin: «Das ist nicht meine Sprache.» Nach der bisherigen Hartz-IV-Praxis würde ohnehin eine zusätzliche staatliche Geldleistung mit der Gesamtsumme der Förderung wieder verrechnet.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, forderte die Bundesregierung auf, statt des Betreuungsgeldes «endlich die Kinderregelsätze bei Hartz IV bedarfsgerecht zu erhöhen und dafür sorgen, dass die betroffenen Kinder kostenlosen Zugang zu allen Bildungs- und Betreuungsangeboten erhalten». Die Regierung sollte alles unterlassen, «arme Kinder und ihre Eltern mit zweifelhaften Gutscheinsystemen zu stigmatisieren, während an wohlhabende Familien familienpolitisch völlig sinnlose Geldgeschenke verteilt werden».

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, bezeichnete es als «bildungspolitisch falsch, eine Prämie dafür zu zahlen, dass die Kinder zuhause bleiben». Für Kinder sei es wichtig, dass sie mit anderen Kindern zusammen sind und sich soziale Kompetenz aneignen, sagte Oppermann der «Passauer Neuen Presse» (Donnerstag).

Die FDP sieht sich durch die scharfe Kritik an den Plänen in ihrer Haltung gegen das Betreuungsgeld bestätigt. «Wir haben das inhaltlich immer abgelehnt, das ist nur als Konzession an die CSU in den Koalitionsvertrag gekommen», sagte FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz der «Rheinischen Post» (Donnerstag). Bei der FDP wollte keiner diese «Herdprämie».

Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU) wies die Kritik dagegen zurück. Das Betreuungsgeld mache Familien stärker, weil es Wahlfreiheit der Eltern zwischen einer vom Staat subventionierten Kinderbetreuung und der Erziehung in der Familie ermögliche. Zugleich gebe das Betreuungsgeld «ein wichtiges Signal gesellschaftlicher Anerkennung für die Eltern, die zu Hause bleiben, um ihre Kinder selbst zu betreuen.»

Die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Cornelia Möhring, warnte hingegen: «Das Betreuungsgeld wird zum verstärkten Ausstieg junger Frauen aus dem Beruf führen.» Besonders für Familien mit geringem Einkommen stellten 150 Euro zusätzlich im Monat einen großen Anreiz dar, kleine Kinder künftig lieber selbst zu Hause zu betreuen. Möhring: «Das Betreuungsgeld ist also keine Lösung, sondern ein weiteres Problem.»

Bundesregierung / Familien
29.10.2009 · 17:10 Uhr
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