Warnung vor Pfusch bei Eilgesetz zum EU-Vertrag

Berlin (dpa) - Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler hat die große Koalition nach dem Urteil zum EU-Reformvertrag von Lissabon davor gewarnt, das neue Begleitgesetz überhastet zu erarbeiten.

«Das wird eine Herkulesaufgabe», sagte Gauweiler, der einer der Kläger beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war, im Gespräch mit «Spiegel Online». «Ich warne ausdrücklich davor, jetzt nur aus gesichtswahrenden Gründen ein neues Begleitgesetz zusammenzuzimmern. Dieses neue Gesetz wird substanziell anders sein müssen.»

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag zwar den EU- Reformvertrag grundsätzlich gebilligt, verlangt aber eine stärkere Einbindung des Bundestags. Die Richter stoppten daher den laufenden Prozess zur Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. Das Begleitgesetz zum EU-Vertrag, das die Parlamentsbeteiligung beim Erlass europäischer Vorschriften regelt, muss jetzt nachgebessert werden. Dies soll in Sondersitzungen von Bundestag und Bundesrat im August und September und damit noch vor der Bundestagswahl und dem irischen Referendum zum Reform-Vertrag im Herbst geschehen. Erst danach kann Bundespräsident Horst Köhler das Vertragswerk unterzeichnen.

Baden-Württembergs Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU) kündigte in den «Stuttgarter Nachrichten» (Mittwoch) an, umgehend konkrete Schritte zur Umsetzung des Urteils einzuleiten. Er werde sich bereits am (heutigen) Mittwoch mit den Europaministern der Länder abstimmen und eine Arbeitsgruppe für die Überarbeitung der geforderten Begleitgesetze einrichten, sagte der Koordinator der unionsgeführten Bundesländer im Bundesrat.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) wies Befürchtungen zurück, mit der stärkeren Einbindung von Bundestag und Bundesrat könnten sich Entscheidungen zu europäischen Vorhaben über Gebühr verzögern. «Wenn es um konkrete Gesetzgebungsvorschläge auf europäischer Ebene geht, ist es kein Problem, den Bundestag und den Bundesrat zeitnah damit zu befassen», sagte der amtierende Bundesratspräsident «sueddeutsche.de». Gauweiler betonte in der «Passauer Neuen Presse», dass in wichtigen Fragen zur EU in Zukunft nicht mehr das Handzeichen eines deutschen Ministers ausreichen werde. Die Zustimmung des Parlaments sei künftig erforderlich. «Das ist eine neue Qualität. Das ist viel mehr als im ursprünglichen Hopp-Hopp-Verfahren vorgesehen war», sagte Gauweiler. Das Urteil der Karlsruher Richter sollte Anlass für ein Umdenken sein.

Der scheidende Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), begrüßte das Urteil. «Der Weg ist frei für den Vertrag von Lissabon. Das ist ein sehr gutes Signal und eine Ermutigung für die Länder, deren Unterschrift noch fehlt», sagte er der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» (Mittwoch). «Wir erwarten, dass der Vertrag bis Ende des Jahres von allen Mitgliedstaaten ratifiziert ist.» Neben Deutschland muss Irland im Oktober in einem Referendum dem Vertrag noch zustimmen. Zudem fehlt noch die Zustimmung der Staatschefs von Polen und Tschechien.

Der CSU-Europaexperte Thomas Silberhorn sprach sich für eine Grundgesetzänderung aus. «Wir sollten ein eigenes Klageverfahren beim Bundesverfassungsgericht eröffnen, um europäische Rechtsakte überprüfen zu lassen», sagte der Bundestagsabgeordnete «Focus Online». Wenn der Bundestag jetzt ein neues Gesetz über die Zustimmungsvorbehalte für den Bundestag formuliere, solle er auch gleich mit Zwei-Drittel-Mehrheit das Grundgesetz für das neue Klageverfahren ändern.

Prozesse / EU / Reform
01.07.2009 · 09:43 Uhr
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