Vom Softwarehaus zur Fondsboutique (EuramS)

Mit der Entwicklung von Software für Portfoliomanager fingen die Gründer von Trendconcept an – heute sind sie selbst äußerst erfolgreiche Vermögensverwalter.

von Carsten Lootze

In Wiesbaden-Nordenstadt erinnert nichts an die Eleganz des ehemaligen Kaiserbads. In dem weit außerhalb der Innenstadt gelegenen Gewerbegebiet reihen sich Unternehmens-, Werkstatt- und Fast-Food-Baracken schmucklos aneinander. Dass mittendrin einer der größten unabhängigen Vermögensverwalter Deutschlands sitzt, überrascht. Auch der Sitz der Trendconcept Vermögensverwaltung ist schlicht: gelb verklinkerter Neubau statt Gründerzeitvilla, in den Fluren und Büros graue Auslegeware statt schwerer Teppiche, bilderlose weiße Wände, kein großzügiger Empfangsbereich.
Ebenso sachlich wie dieses äußere Erscheinungsbild ist die Anlage­philosophie des Hauses: Im Gegensatz zu vielen anderen unabhängigen Vermögensverwaltern gibt es bei Trendconcept keinen Star-Fondsmanager als Aushängeschild. Stattdessen bestimmt ein selbst entwickeltes Computersystem, wie die Portfolios der Aktien-, Renten und Mischfonds aussehen. "Bei Trendconcept hebt niemand ab, man bleibt auf dem Boden und der seit vielen Jahren bewährten Strategie treu", heißt es in der Unternehmensbroschüre – passend zum optischen Eindruck beim Besuch in der Wiesbadener Unternehmenszentrale.

"Unser Star ist nicht der Manager eines Fonds, sondern das Computersystem, mit dem er investiert", sagt Geschäftsführer Jürgen Reitz (53). Das Trendconcept-System vergleicht die Aufs und Abs der jeweils aktuellen Marktentwicklung mit historischen Kursdaten. Für US-Aktien greift es auf Daten bis 1927 zurück, bei europäischen und japanischen Aktien sowie Staatsanleihen gehen die Kursreihen bis in die Sechziger- und bei Rohstoffen und Währungen bis Anfang der 90er-Jahre zurück.

Anhand dieser Daten erkennt das Trendconcept-Modell aktuelle Auf- und Abwärtstrends. Deutet der Trend nach oben, investieren die Fondsmanager je nach Fonds in Aktien oder Staatsanleihen. Deutet er nach unten, bleiben sie zwar vollständig in Aktien oder Staatsanleihen investiert. Sie nutzen jedoch Futures, um diese Wertpapierbestände teilweise oder vollständig abzusichern. Dabei halten sie sich genau an die Empfehlungen des Computermodells – Erfahrungswerte oder das Bauchgefühl spielen keine Rolle.

Sichern die Manager über Futures ab, sinkt dadurch der tatsächliche Investitionsgrad in Aktien oder Anleihen. Der abgesicherte Teil des Portfolios erwirtschaftet über die Futures unterdessen Erträge, die dem Geldmarktzins ähnlich sind. Reitz, der das Aktienfondsmanagement bei Trendconcept leitet, erklärt den Vorteil: "Wir nutzen die Future-Methode anstatt Aktien oder Anleihen zu verkaufen, weil das kostengünstiger und schneller ist." So war beispielsweise der globale Aktienfonds MC International Fund Ende 2008 unterm Strich nur zu 30 Prozent in Aktien engagiert, derzeit beträgt die Inve­s­titionsquote 100 Prozent.

"Im Mittelpunkt unserer Philosophie steht, Verluste in Abwärtsphasen weitgehend zu vermeiden", sagt Mitgeschäftsführer Holger Fuchs (50). "Denn wer im Abschwung weniger verliert, muss im Aufschwung weniger wieder wettmachen." Dass Fuchs das Risiko nicht generell scheut, zeigt ein Blick in sein Büro: An den Wänden hängen Rennwagenposter und Plakate legendärer Autorennen wie dem von Le Mans, auf dem Fensterbrett stehen goldene Siegerpokale. Denn einen Großteil seiner Freizeit verbringt Fuchs auf der Formel-1-Rennstrecke Nürburgring, wo er mit Freunden Autorennen in einem Porsche fährt. Langfristig funktioniert die Strategie der Trendconcept-Fonds: So erzielte der MC International Fund von Ende Juli 1999 bis Ende Juli 2009 knapp vier Prozent Wertzuwachs – trotz zweier Börsencrashs. Der Vergleichs­index MSCI World hat im selben Zeitraum auf Eurobasis gut 36 Prozent an Wert verloren. Als Reitz und Fuchs 1989 das Unternehmen Trendconsult gemeinsam mit Joachim Hegny (49) gründeten, dachten sie überhaupt nicht an eigene Fonds. Damals entwickelten die Drei auf Basis des Computerprogramms Lotus eine Software, die Vermögensverwaltern, Pensionskassen und Banken beim Portfoliomanagement helfen sollte. Das Trio hatte sich während des Volkswirtschaftsstudiums in Mainz kennengelernt. "Schon damals haben wir zusammen eine Software entwickelt, die Trendfolgen in historischen Börsenkursen ausgemacht und daraus Anlagetipps abgeleitet hat", sagt Fuchs. Und Reitz ergänzt: "Das Programm funktionierte so gut, dass es regelmäßig höhere Erträge lieferte als der Anlegerklub unserer Uni, zu dem ich gehörte." Die guten Ergebnisse bestärkten Reitz, Fuchs und Hegny in ihrem Vertrauen auf Trendfolgemodelle – obwohl dieser Bereich der Kapitalmarktforschung damals in Deutschland noch sehr klein war.

Nach dem Uni-Abschluss 1984 arbeitete Reitz zunächst als Berater für Fusionen und Übernahmen, Hegny und Fuchs gingen 1986 als Technische Analysten zur Commerzbank. Fuchs: "Die hatten zwar viel in quantitative Finanzmarktforschung investiert, aber gegenüber den qualitativen Analysten fanden wir wenig Beachtung." Nach dem Börsencrash 1987 fiel das Technische Analyseteam dem Sparzwang des Instituts zum Opfer; das Entwicklungsbudget wurde stark gekürzt. Zu diesem Zeitpunkt verließ eine Schar Technischer Analysten die Commerzbank – unter anderem Michael Keppler, der heute in New York lebt und sich mit Keppler Asset Management einen Namen als Schwellenländerexperte gemacht hat. Auch Hegny und Fuchs beschlossen, sich selbstständig zu machen und holten ihren Studienfreund Reitz mit ins Boot. "Anfangs sind wir mit unserem Computermodell nur bei ganz wenigen Investoren auf offene Ohren gestoßen", erinnert sich Fuchs, der bis heute den Vertrieb leitet. "Denn damals galt noch die Devise, dass man immer Aktien im Portfolio haben muss."

Die Idee zum eigenen Fonds kam dem Trio nicht selbst. "Irgendwann fragte einer unserer Softwarekunden: Wenn euer Computerprogramm so gut funktioniert, warum nutzt ihr es dann nicht selbst", sagt Fuchs. Das war 1994, als der Zinsanstieg und der damit verbundene Kurseinbruch bei Staatsanleihen in Europa und den USA die Investoren gerade verschreckt hatte. Reitz ergänzt: "Hinzu kam, dass unser Trendfolgemodell vor dem Staatsanleihencrash zum Ausstieg geraten hatte. Aber nicht alle Kunden konnten diesen Hinweis umsetzen, weil die Anlageausschüsse dagegen gestimmt hatten."

Also beschlossen Reitz, Fuchs und Hegny, eine eigene Vermögensverwaltung mit dem Namen Trendconcept zu gründen – und ihre Software nicht mehr an Dritte zu vertreiben. Werner von Buchholtz (51) und Caspar von Zitzewitz (50), die damals bei der Vermögensverwaltungstochter der Vereins- und Westbank in Frankfurt gearbeitet hatten, stiegen als Gründungsgeschäftsführer bei Trendconcept mit ein. Gemeinsam legten die Fünf 1995 den ersten Fonds des Hauses auf: den Trendconcept-Universal-Fonds-EU-Bond. Schon damals stand für die Geschäftsführer fest, dass das Unternehmen kein klassischer Vermögensverwalter mit individuellen Kundendepots sein sollte. Stattdessen beschränkt sich das Unternehmen darauf, Fonds zu managen. "Unsere Stärke ist die Kapitalmarktanalyse. Für die klassische Vermögensverwaltung bräuchten wir mehr Expertise, zum Beispiel für den Immobilienmarkt", begründet Reitz.

Privatkunden, Vermögensverwalter und Family Offices können aktuell zwischen neun Publikumsfonds wählen. Diese umfassen vier Aktien-, zwei Renten- und drei Mischprodukte. Dabei fällt auf: Verkaufsschlager wie Schwellenländerprodukte oder Unternehmensanleihefonds fehlen. "Im Falle der Schwellenländer liegt das daran, dass die Datenreihen dort nicht weit genug zurückreichen", sagt Fuchs. "Und auf Unternehmensanleihen gibt es keine Futures, auf denen unsere Strategie beruht."

Aushängeschild der Gesellschaft ist der Trendconcept Fund Multi Asset Allocator. Dieser flexible Mischfonds beruht auf dem hauseigenen Trendfolgemodell und investiert über Futures in Aktien aus Europa, den USA und Hongkong/China, Staatsanleihen, Rohstoffe und Währungen. "Dabei setzen wir auf steigende und fallende Kurse", sagt Fondsmanager Thorsten Fischer (30), der das Portfolio gemeinsam mit Fatima Kabiri (27) verwaltet. Das bisherige Ergebnis dieser Strategie ist beeindruckend: Während der Finanzkrise 2008 erzielte der Fonds rund 14 Prozent Wertzuwachs. Fischer: "Dabei kamen uns die stabilen Auf- und Abwärtstrends zugute. Zum Beispiel ist der Ölpreis in der ersten Jahreshälfte kontinuierlich gestiegen und in der zweiten fast ebenso geradlinig wieder gefallen." Den stärksten Performancebeitrag hätten neben den Rohstoff- die DAX-Investments gebracht. Trendconcept will seine Palette weiter ausbauen. "Wir planen einen ETF-Dachfonds, der weltweit in Aktien, Anleihen und Cash investieren kann", sagt Fuchs. Das Produkt soll 2010 auf den Markt kommen. Zu dem schlichten Auftritt von Trendconcept würden die einfach funktionierenden Indexfonds gut passen.

Euro am Sonntag
[finanzen.net] · 21.08.2009 · 18:15 Uhr
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