US-Rückzug und chinesische Offensive: Deutschlands Investitionslandschaft im Wandel
Die Bedeutung Deutschlands als attraktiver Investitionsstandort für US-Unternehmen hat sich laut einer aktuellen Analyse stark verringert. Im Jahr 2024 fiel die Anzahl der Investitionsprojekte aus den USA um beeindruckende 27 Prozent auf nur noch 90 Projekte. Im Vergleich dazu zeigen andere europäische Standorte weitaus weniger drastische Rückgänge bei US-Investitionen. Deutschland führt die Negativliste der europäischen Investmentdestinationen an, berichtet Henrik Ahlers von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.
Während US-Investitionen in Europa nur um elf Prozent zurückgingen, zeigt sich offenbar ein Verstärken der heimischen Investitionen in den USA durch eine unberechenbare Zollpolitik der US-Regierung. Diese hat zu Unsicherheiten bei multinationalen Unternehmen geführt, die ihre Projekte vorerst eingefroren haben. Dennoch gibt es auch Gewinner in dieser neuen Situation. Erstmals sind chinesische Unternehmen die größten ausländischen Investoren in Deutschland geworden, mit insgesamt 96 Projekten, was einem Rückgang von nur drei Prozent entspricht. Dies unterstreicht Deutschlands Stellung als bevorzugtes Ziel chinesischer Investoren innerhalb Europas.
Insgesamt offenbart sich ein deutlicher Abwärtstrend bei ausländischen Investitionsprojekten in Deutschland, die mit 608 Vorhaben 17 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen – der niedrigste Stand seit 2011. EY verzeichnete 2017 mit 1124 Projekten den bisherigen Höchststand. Im europäischen Vergleich sind die Rückgänge in anderen großen Volkswirtschaften wie Frankreich und Großbritannien weniger ausgeprägt, während die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte europaweit sich um fünf Prozent reduzierte.
Henrik Ahlers erklärt diesen Trend mit einer erheblichen Attraktivitätsminderung Deutschlands. Ungunstfaktoren wie hohe Arbeits- und Energiekosten, Bürokratie und eine schwächere Konjunktur sind abschreckend für Investoren. Reformen, Bürokratieabbau und ein umfassendes Investitionspaket der neuen Bundesregierung könnten als Gegenmaßnahmen dienen, um die Abwärtsspirale zu stoppen. Hingegen sind deutsche Unternehmen zunehmend im europäischen Ausland engagiert, insbesondere in Mittel- und Osteuropa, mit einer Investitionssteigerung von 22 Prozent im Jahr 2024.