Tod auf dem Gehweg - Trauer nach SUV-Unfall in Berlin

Berlin (dpa) - Sie setzen sich auf die Straße und schweigen. Mehrere hundert Menschen - Alte, Junge, Kinder. Vier Minuten Stille - eine für jeden, der hier am Vorabend auf erschütternde Weise starb: Ein Dreijähriger und seine Großmutter, zwei junge Männer.

Sie standen an einer Ampel, als ein Sportgeländewagen (SUV) auf den Gehweg schoss.

«Das kann jeden von uns treffen», heißt es am Wochenende an der Berliner Invalidenstraße. Innehalten, Umarmungen, Sitzen auf dem Asphalt, Tränen. «Heut tut es allen furchtbar leid», schreibt jemand mit Kreide auf den Gehweg. «Morgen fahren wir genau wie gestern.»

Oder ist der Unfall doch eine «Zäsur», wie manche meinen? Ein Wendepunkt zu mehr Rücksicht, weniger Imponiergehabe, weniger Egoismus im Straßenverkehr?

Die Debatte dreht sich um drei Buchstaben: SUV. Die mitunter sehr schweren Sportgeländewagen, bei Autokäufern beliebter denn je, werden zum Symbol - auch wenn die Ermittler sich noch nicht festgelegt haben, ob der Pkw-Typ für den Unfall eine größere Bedeutung hatte.

Für den Ablauf gibt es eine Reihe Zeugen, die Kreuzung war am Freitagabend belebt. Björn Möller ist einer von ihnen. Es habe einen lauten Knall gegeben, sagt er, und als er hinsah, habe er das SUV gesehen. Der Wagen hatte den Ampelmast abgeknickt und sei dann über den Gehweg geflogen. «Wie über eine Sprungschanze, es sah aus wie im Film», sagt Möller. Die Fußgänger, die an der Ampel standen, habe das Auto mitgerissen.

Passanten erzählen, der Wagen sei an der roten Ampel ausgeschert, um die wartenden Autos mit hohem Tempo zu überholen. «Alle sagen: 80 plus», meint Möller. Bremsspuren sind nicht zu erkennen. Nico Müller, der seinen Frisörladen nahe der Kreuzung hat, sagt: «Die Leute rasen hier wie die Irren.»

Es gibt ein Video aus dem Auto eines Taxifahrers, das den Unfall zeigen soll. Der Wagen fährt schnell mit hoher Drehzahl - wie schnell, ist schwer zu sagen. Und er fährt auf der Gegenfahrbahn, vorbei an stehenden Autos, während die Ampel auf Grün springt. Der Wagen rast geradewegs auf die Fußgänger zu.

Vorsatz schloss die Polizei früh aus. Alles andere war am Wochenende offen. Es gab Hinweise auf einen medizinischen Notfall bei dem 42 Jahre alten Fahrer. Er liegt schwer verletzt im Krankenhaus, man hat ihm Blut entnommen, auch um die Unfallursache zu klären.

Es gibt viele Spekulationen - die Toten macht das nicht wieder lebendig. Grabkerzen stehen nun an dem Ampelmast. «SUV töten - Kinder, Mütter, Väter, das Klima», steht auf einem der Zettel, von Menschen emporgehalten, die auf der Straße sitzen.

Viele wollen über eine Verkehrswende diskutieren, Autos verbannen, zumindest die großen, schweren Spritschlucker. «Solche panzerähnlichen Autos gehören nicht in die Stadt», sagt der Bürgermeister von Berlin-Mitte, Stephan von Dassel. Ein Grünen-Parteifreund wettert gegen die «Autokultur des Ich, Ich, Ich».

Es gibt aber auch viele, die sich über solche Bemerkungen ärgern: Aktivisten instrumentalisierten die Aufmerksamkeit für den Unfall, um langgehegte Forderungen zu platzieren, etwa Tempo 30 in Städten. Es fehle ihnen an Anstand.

Das ganze Wochenende kommen Menschen an den Unfallort. Sie betrachten den Gehweg, die Trümmer der Ampel, die Autoteile im Gestrüpp hinter dem eingedrückten Bauzaun - dort, wo das Auto zu stehen kam, um 180 Grad gedreht. Manche bleiben stehen und schweigen lange.

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Unfälle / Verkehr / Berlin / Deutschland
08.09.2019 · 16:46 Uhr
[10 Kommentare]
 
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