SPD stemmt sich gegen frühere Kandidaten-Kür
Berlin (dpa) - Die SPD-Spitze stemmt sich trotz innerparteilichen Drucks gegen eine Kür ihres Kanzlerkandidaten noch in diesem Jahr. «Diese Äußerungen werden den Zeitplan der SPD nicht beeinflussen», sagte Generalsekretärin Nahles mit Blick auf den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig.
Dieser hatte am Wochenende Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier eindeutig als seinen Favoriten genannt. Diese Form der Nabelschau helfe nur Kanzlerin Angela Merkel (CDU), kritisierte Nahles. Es bleibe dabei, dass der SPD-Kandidat nach der Niedersachsen-Wahl (20. Januar 2013) gekürt werde. Daran ändere auch eine Präferenzabfrage der Medien bei allen SPD-Ministerpräsidenten nichts.
Die Kandidaten-Entscheidung wird voraussichtlich zwischen den drei Mitgliedern der sogenannten Troika fallen: Neben Steinmeier sind dies Parteichef Sigmar Gabriel und der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Das Vorschlagsrecht liegt beim SPD-Vorsitzenden Gabriel. Möglich ist theoretisch auch ein Mitgliederentscheid, wenn es mehr als einen offiziellen Bewerber gibt. Mehrere Landesverbände hatten mit einem solchen Entscheid über Spitzenkandidaten gute Erfahrungen gemacht.
«Klug ist es nicht, sich öffentlich jetzt mit sich selbst zu beschäftigen», sagte Nahles. Sie appellierte an ihre Partei, sich ab sofort mit solchen Äußerungen zurückzuhalten. In der Partei gibt es die Sorgen, dass die SPD sonst mit eigenen Themen nur noch bedingt durchdringt.
Baden-Württembergs SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sprach von einem Luxusproblem. Der vereinbarte Zeitplan müsse weiterhin gelten. «Es ist sehr vernünftig, ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl zu entscheiden und sich dann geschlossen hinter den Kandidaten zu stellen», sagte er der dpa.
Der stellvertretende Bundestagsfraktionschef Joachim Poß nannte Albigs Vorpreschen «nicht hilfreich». «Die Partei muss die Kraft haben, den selbst genannten Zeitpunkt für die Entscheidung über die Frage des Kanzlerkandidaten durchzuhalten», mahnte Poß in der «Rheinischen Post».
Albig hatte über Steinmeier gesagt: «Er wäre ein guter Kanzler für unser Land.» Steinmeier mache «eine tolle Arbeit», sei eine starke Führungspersönlichkeit und «seit der Zeit des letzten Wahlkampfs sehr gereift». Bereits 2009 war er Spitzenkandidat seiner Partei gewesen, hatte aber mit 23 Prozent aber das schlechteste SPD-Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik eingefahren.
Der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels sprach sich dagegen wie auch andere SPD-Politiker erneut für Steinbrück aus. «Wir brauchen den Kandidaten, der eine echte Alternative zu Merkel darstellt - und von den Wählern auch so gesehen wird. Das ist gerade in der Euro-Krise Peer Steinbrück», sagte Bartels der «Bild»-Zeitung.