SellerX kommt unter den Hammer – Wie das Unicorn im freien Fall landete
Was passiert, wenn ein Unicorn ins Trudeln gerät? Am 17. September wird das Berliner Startup SellerX, einst hochgejubelter Amazon-Aggregator, im Hotel Bristol versteigert. Genauer gesagt: die Geschäftsanteile der SellerX Germany GmbH und SellerX Nullum GmbH.
Mindestgebot: 100.000 Euro. Das klingt fast schon nach einem Schnäppchen, wäre da nicht ein riesiger Haken. Wer mitbietet, kauft sich vor allem eines: Schulden.
SellerX, gegründet im Boom-Jahr 2020, sammelte Millionen ein und übernahm kleinere Amazon-Händler in Serie. Die Rechnung: Synergien schaffen, Gewinne maximieren, die E-Commerce-Welt erobern.
Doch die Realität sah anders aus. Ein Kredit von 500 Millionen Dollar, den Blackrock und Victory Park Capital bereitstellten, brachte nicht die erhoffte Rendite. Stattdessen fiel SellerX tief, und als die Zinszahlungen ausblieben, griff Blackrock durch.
Versteigerung im alten Luxus-Hotel
Ort des Geschehens: das Hotel Bristol, ehemals eines der feinsten Häuser Berlins. Ein seltsam passender Schauplatz für den Untergang eines hochgehandelten Startups. Blackrock lässt die Geschäftsanteile öffentlich versteigern, im klassischen Auktionsstil: „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten.“
Doch wer jetzt glaubt, hier günstig ein Unternehmen zu schnappen, wird schnell feststellen, dass neben den Anteilen auch massive Verbindlichkeiten mit im Paket sind.
Blackrock zieht die Reißleine
Was macht ein Finanzriese wie Blackrock, wenn ein Kredit nicht mehr bedient wird? Er greift durch. SellerX konnte seine Schulden nicht mehr zahlen, also verwertet Blackrock seine Sicherheiten – die Geschäftsanteile.
Doch dahinter steckt wohl ein größerer Plan: Experten spekulieren, dass Blackrock die Anteile selbst übernehmen will, durch einen sogenannten „Debt to Equity Swap“. Damit würde der Kreditgeber zum neuen Eigentümer.
Ein Markt im Wandel
Was bedeutet das alles für den E-Commerce-Markt? SellerX ist nicht das einzige Unternehmen seiner Art, das in Schwierigkeiten steckt. Amazon Aggregatoren wie Thrasio hatten von der Pandemie und dem damit verbundenen Online-Boom profitiert.
Doch nach dem Boom kam der Absturz. Sinkende Verkäufe, zurückhaltende Investoren – der Traum vom schnellen Wachstum platzte. Selbst Platzhirsch Thrasio musste in den USA Insolvenz anmelden.
Für SellerX war es nicht anders. Hohe Schulden und fehlende Rendite drückten das Unternehmen in die Knie. Nun geht es also unter den Hammer – und die Zukunft des gesamten Amazon-Aggregator-Geschäftsmodells steht auf der Kippe.
Was passiert mit den Investoren?
Für die ursprünglichen Investoren von SellerX sieht es düster aus. Namen wie Cherry Ventures und Partech, die Millionen in das Startup gepumpt haben, dürften ihre Investments wohl abschreiben müssen. Sie werden bei der Versteigerung leer ausgehen. Zuerst werden die Gläubiger bedient – und das sind in diesem Fall Blackrock und Victory Park.
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Die beiden Gründer von SellerX, Philipp Triebel und Malte Horeyseck, haben das sinkende Schiff schon im Juni verlassen. Ein deutliches Signal, dass sie wussten, was auf das Unternehmen zukommt. Jetzt liegt das Schicksal von SellerX in den Händen der Auktionsbeteiligten – oder Blackrocks.
Was bleibt von SellerX?
Vielleicht nichts. Vielleicht eine zweite Chance unter neuer Führung. Sicher ist nur, dass das große Amazon-Aggregator-Versprechen von schnellem Wachstum und sicheren Gewinnen hier krachend gescheitert ist. Ob sich ein neuer Käufer findet oder ob Blackrock selbst die Zügel in die Hand nimmt, bleibt abzuwarten. Doch eins steht fest: Der Traum vom Unicorn, das den E-Commerce-Markt umkrempelt, ist für SellerX vorerst vorbei.