Geheimdienste

Selen erwartet mehr Befugnisse für Verfassungsschutz 2026

08. Dezember 2025, 14:59 Uhr · Quelle: dpa
21. Symposium vom Bundesamt für Verfassungsschutz
Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Vor einigen Wochen feierte das Bundesamt für Verfassungsschutz sein 75-jähriges Bestehen.
Der BfV-Präsident Sinan Selen mahnt mehr Befugnisse an, um hybride Angriffe frühzeitig zu erkennen. Experten fordern engeren Austausch unter Behörden für besseren Schutz.

Berlin (dpa) - Vor allem mit Blick auf die gestiegene Bedrohung durch hybride russische Angriffe wirbt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) um mehr Befugnisse und eine Verbesserung des Austauschs mit anderen Sicherheitsbehörden sowie der Bundeswehr. Zusätzliche Fragen wirft jetzt der Blick der US-Regierung auf liberale Demokratien in Europa auf.

Angesichts extrem kurzer Planungsphasen für gefährliche Aktionen müssten entsprechende Akteure und ihre Netzwerke frühzeitig entdeckt und identifiziert werden, mahnte BfV-Präsident Sinan Selen vor Teilnehmern eines Symposiums mit dem Titel «Zeitenwende - und jetzt? Die Rolle des BfV in Deutschlands Sicherheitsarchitektur». Eine entscheidende Rolle spiele dabei auch die «Beobachtung relevanter Plattformen im virtuellen Einsatzraum». 

Selen sagte: «Ich hoffe, dass uns zukünftig Befugnisse und Fähigkeiten zur Verfügung stehen, über die auch andere europäische Partnerdienste in diesem Zusammenhang verfügen.» Frankreich oder Niederlande seien hier «deutlich weiter als wir». Ihm gehe es dabei unter anderem «um Kommunikation, die wir nicht mehr entschlüsseln können, in Teilen», sowie um die Identifizierung von Akteuren über die von ihnen genutzten IP-Adressen. 

Mehr Befugnisse in Nachbarstaaten

Ähnlich sieht dies Philipp Wolff, Leiter der für die Koordination der Nachrichtendienste zuständigen Abteilung im Bundeskanzleramt. Er sagte, es sei absurd, wenn man auf das Handy eines russischen Agenten, der sich in Tschechien aufhalte, schauen könne, aber nicht mehr dann, wenn er nach Deutschland einreise.

Selen zeigte sich zuversichtlich, dass das Bundesinnenministerium unter der Führung von Alexander Dobrindt (CSU) rechtliche Änderungen vorantreiben werde: «Im ersten Quartal wird sich da etwas tun, soweit ich das abschätzen kann.»

Weg vom Zuständigkeitsdenken

Er betonte: «Hybride Aktionen folgen keinen Zuständigkeiten.» Deshalb sei es wichtig, weniger in Zuständigkeiten zu denken, sondern stärker in Fähigkeiten. Ein verbesserter Austausch zwischen verschiedenen Behörden - so wie dies für aktuelle Risiken durch gewaltbereite Islamisten bereits im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern (GTAZ) etabliert wurde - sei daher auch mit Blick auf hybride Bedrohungen unabdingbar. 

In der zurückliegenden Wahlperiode war vom Bundesinnenministerium eine solche Runde initiiert worden, der eine Task Force gegen Desinformation angegliedert ist. Unter Expertinnen und Experten ist man sich jedoch weitgehend einig, dass dies nicht ausreicht, sondern mindestens durch einen engeren Austausch von operativ Verantwortlichen ergänzt werden sollte.

Sabotage, Spionage und Desinformation

Der Umgang mit sogenannten hybriden Bedrohungen, denen sich Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verstärkt ausgesetzt sieht, war auch ein Schwerpunkt der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern vergangene Woche gewesen. Unter hybrider Kriegsführung wird eine Kombination aus militärischen, wirtschaftlichen, geheimdienstlichen und propagandistischen Mitteln verstanden, mit der auch die öffentliche Meinung beeinflusst werden kann, auch staatlich gelenkte Cyberattacken zählen dazu.

Ein aus Sicht des BfV besonders gefährliches Beispiel für einen hybriden Angriff war ein mutmaßlich im russischen Auftrag platzierter Brandsatz in einem Paket, der am 20. Juli 2024 noch vor dem Verladen in einem Frachtzentrum am Flughafen Leipzig/Halle in Brand geriet und einen Container entzündete. Nach Angaben des früheren Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, schrammte Deutschland an diesem Tag nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbei. Er sagte damals, es sei einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket noch am Boden lag und nicht während des Fluges in Brand geraten sei, womöglich über bewohntem Gebiet. 

Besorgter Blick über den Atlantik

Aktuell sorgt zudem die neue Sicherheitsstrategie der USA in europäischen Hauptstädten für erhebliche Beunruhigung. Mit ihr macht US-Präsident Donald Trump unter anderem klar, dass er in Europa patriotische Akteure unterstützen will, die den Kurs und die Werte der derzeit den Ton angebenden Politiker ablehnen. Auch werden in dem Dokument angebliche Demokratiedefizite und Einschränkungen der Meinungsfreiheit kritisiert. Es geht den USA überdies um europäische Digitalgesetze, die unter anderem die Verbreitung von Falschinformationen einschränken und einen zu großen Machtzuwachs von Tech-Konzernen verhindern sollen.

Auf das Strategiepapier angesprochen, sagte Selen: «Ich würde aus einer solchen Strategie noch nicht die Ableitung ziehen, dass wir mit Amerika brechen, und ich glaube auch nicht, dass unsere Partner mit uns brechen.» Dennoch gelte es, nun möglichst rasch zu klären: «Was ist damit eigentlich konkret gemeint?» Die deutschen Nachrichtendienste sollten ihre Allianzen weiterentwickeln, das gelte besonders für die Vernetzung innerhalb Europas. 

Die Grünen-Vorsitzende, Franziska Brantner, sieht dagegen keinen Interpretationsspielraum. Sie nannte das Strategiepapier ein «Scheidungsdokument» von US-Präsident Donald Trump. «Seine neue Liebe» sei offensichtlich der russische Präsident Wladimir Putin. «Überraschend ist das nicht, aber es ist schmerzhaft.»

Geheimdienste / Konflikte / Deutschland / Russland
08.12.2025 · 14:59 Uhr
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