Sachsens Verfassungsgericht kippt Versammlungsgesetz
Leipzig (dpa) - Der Verfassungsgerichtshof in Leipzig hat das umstrittene sächsische Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Regierung aus rein formalen Gründen gekippt. Das Gesetz sollte ermöglichen, Demonstrationen an bestimmten Orten zu verbieten oder mit Auflagen zu versehen.
Im Kern ging es um die Dresdner Frauenkirche, das Leipziger Völkerschlachtdenkmal und Teile der Innenstadt von Dresden speziell am 13. und 14. Februar: Der Jahrestag der Zerstörung der Elbestadt im Zweiten Weltkrieg wird seit Jahren von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten zu Aufmärschen genutzt.
Im Gesetzgebungsverfahren seien gravierende Formfehler begangen worden, entschieden die Richter am Dienstag. Den Abgeordneten sei das Gesetz, über das sie beschließen sollten, nicht im vollen Wortlaut vorgelegt worden, hieß es zu Begründung (Az.: Vf.74-II-10). Das sei ein Verstoß gegen die sächsische Verfassung und das Gesetz damit nichtig.
«Der in den Landtag eingebrachte Entwurf eines sächsischen Versammlungsgesetzes entsprach nicht den inhaltlichen Anforderungen an eine Gesetzesvorlage», erklärte die Vorsitzende Richterin Birgit Munz. Es gilt nun wieder das alte Bundesgesetz. Die sächsische CDU/FDP-Koalition kündigte umgehend an, ein neues «rechtssicheres» Gesetz in Angriff zu nehmen.
52 Landtagsabgeordnete der Linken, Grünen und SPD hatten vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt. Sie bemängelten die formalen Fehler, halten das Gesetz aber auch sonst für verfassungswidrig. Darüber urteilten die Richter nicht.
Landesjustizminister Jürgen Martens (FDP) erklärte, er halte ein eigenes sächsisches Versammlungsgesetz weiter für erforderlich. «Ich gehe davon aus, dass wir nach Auswertung des Urteils gegebenenfalls ein neues Gesetzgebungsverfahren einleiten werden», sagte Martens.
«Wir werden nun mit Nachdruck diese Fehler korrigieren, um schnellstmöglich ein rechtssicheres Gesetz in Kraft treten zu lassen», sagte Carsten Biesok, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. «Es ist im Interesse aller Sachsen, dass die von Aufmärschen gewalttätiger Extremisten geplagten Kommunen wieder eine Handhabe bekommen, sich schützen zu können.» Sein CDU-Kollege Marko Schiemann deutete in die gleiche Richtung: «Die Formfehler müssen beseitigt werden.»