Lage im Überblick

EU-Sondertreffen zu Ukraine - Debatte um Gebietsabtretungen

11. August 2025, 03:59 Uhr · Quelle: dpa
Trump - Selenskyj - Putin
Foto: Morissard/Bednyakov/AP/dpa
Nur zwei Präsidenten beim Gipfel in Alaska - oder doch alle drei? (Archivbild)
US-Präsident Trump will mit Kremlchef Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine verhandeln. Die EU-Außenminister wollen vorher nächste Schritte planen. Kiew warnt vor neuen Nebelkerzen Moskaus.

Brüssel/Kiew (dpa) - Vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin zum Krieg in der Ukraine rückt die Debatte um mögliche Gebietsabtretungen des von Russland angegriffenen Landes in den Mittelpunkt. Nato-Generalsekretär Mark Rutte machte deutlich, dass sich Gespräche über die von Russland kontrollierten Gebiete bei künftigen Verhandlungen kaum vermeiden ließen. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, mahnte, den Fokus dabei nicht nur auf territoriale Fragen zu richten, sondern auf die Menschen. Unterdessen wollen die EU-Außenminister bei einer Videokonferenz ihre nächsten Schritte besprechen. 

«Europas Kerninteressen stehen auf dem Spiel», teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vor der Sondersitzung am heutigen Montag mit. Sie betonte, dass jede Vereinbarung zwischen den USA und Russland die Ukraine und die EU einschließen müsse, «denn es geht um die Sicherheit der Ukraine und ganz Europas». Russlands Aggression dürfe nicht belohnt werden - die vorübergehend russisch besetzten Gebiete gehörten zur Ukraine.

Rutte: Nach Waffenruhe wird es um territoriale Fragen gehen

Nato-Generalsekretär Rutte betonte zwar, die Ukraine sei ein souveräner Staat, der seine geopolitische Zukunft selbst bestimme. Dem US-Sender ABC sagte er aber auch: «Wir müssen im Moment zur Kenntnis nehmen, dass Russland einen Teil des ukrainischen Territoriums kontrolliert.» Nach einer Waffenruhe werde sich die Frage stellen, wie es in territorialen Fragen und mit Blick auf mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine weitergehe. 

Trump und Putin treffen sich Freitag - ohne Selenskyj?

Am Freitag wollen Trump und Putin im US-Bundesstaat Alaska über eine mögliche Friedenslösung in dem seit rund dreieinhalb Jahren dauernden russischen Angriffskrieg verhandeln. Trump stellt das Treffen in Alaska als Versuch dar, einem Ende der Kämpfe näherzukommen. Er sprach in diesem Kontext von einem möglichen Gebietstausch zwischen der Ukraine und Russland.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nicht eingeladen. Dieser lehnt einen Verzicht auf die Gebiete kategorisch ab - und könnte darüber auch nicht allein entscheiden. Eine Abtretung würde eine Verfassungsänderung erfordern und wohl schwere innenpolitische Verwerfungen auslösen.

Der US-Nato-Botschafter schließt allerdings eine Einladung an Selenskyj zu dem Treffen nicht aus. «Ich halte es durchaus für möglich», sagte Matthew Whitaker dem Sender CNN. Die Entscheidung werde von US-Präsident Trump getroffen. «Wenn er der Meinung ist, dass dies der beste Zeitpunkt ist, um Selenskyj einzuladen, dann wird er das tun», erklärte Whitaker. Bislang sei dazu noch keine endgültige Entscheidung gefallen, und es bleibe noch Zeit.

Mit Blick auf einen von Trump ins Spiel gebrachten «Gebietstausch» zwischen Russland und der Ukraine sagte Whitaker, es gehe darum, eine Einigung zu finden. Unterhändler berieten aktuell darüber, welche Gebiete betroffen sein könnten.

Selenskyj: Werden unsere Unabhängigkeit verteidigen

Selenskyj unterstrich in seiner abendlichen Videoansprache indirekt, dass er einen Deal zum Gebietstausch nicht akzeptieren werde. «Wir werden unser Land und unsere Unabhängigkeit auf jeden Fall verteidigen», betonte er. Und alles, was die Ukraine betreffe, müsse unter Beteiligung der Ukraine entschieden werden. 

In dem Treffen am Freitag sieht der ukrainische Präsident einen neuen Täuschungsversuch Moskaus. «Wir verstehen die Absicht der Russen, Amerika zu täuschen – das werden wir nicht zulassen», sagte Selenskyj. Er schätze die Entschlossenheit Trumps, den Krieg zu beenden. Dennoch sei der einzige Grund für das fortgesetzte Töten in der Ukraine der Wunsch Putins, Krieg zu führen «und alle zu manipulieren, mit denen er in Kontakt kommt». 

Botschafter Makeiev: Geht hier um Menschen

Angesprochen auf die Debatte, ob die Ukraine für einen Friedensschluss Teile ihres Staatsgebiets aufgeben sollte, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, im ZDF-«heute journal»: «Wir müssen verstehen, es geht nicht um Gebiete, es geht auch um Menschen.» Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer lebten heute unter russischer Besatzung. Da seien Hunderttausende Kinder, die zu russischen umerzogen würden. Auch welche Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten passierten, «können wir uns kaum vorstellen, weil wir kaum Zugänge haben». Deswegen könnten es sich die Ukraine und Europa nicht leisten, dies Putin zu überlassen. 

Viele der kriegsmüden Menschen in der Ukraine hätten auch Verwandte in den besetzten Gebieten. Auch deswegen sei es nicht so einfach, Gebiete abzutreten, sagte Makeiev.

Vance: USA werden Ukraine-Krieg nicht mehr finanzieren

US-Vizepräsident JD Vance bekräftigte unterdessen, dass sich die Vereinigten Staaten finanziell aus der Unterstützung der Ukraine zurückziehen wollen. Trump und er seien der Auffassung, «dass die USA mit der Finanzierung des Ukraine-Kriegsgeschäfts durch sind», sagte Vance dem Sender Fox News in einem Interview, das schon vor ein paar Tagen aufgezeichnet wurde. 

Man wolle eine friedliche Lösung finden und das Töten beenden. Die Amerikaner seien es leid, weiter ihre Steuergelder für diesen konkreten Konflikt auszugeben, so Vance. Das Interview wurde bereits vor der offiziellen Bekanntgabe des Treffens von Trump mit dem russischen Präsidenten Putin aufgezeichnet, aber erst am Sonntag vollständig ausgestrahlt.

Viele Verletzte bei russischem Luftschlag - Tote in Russland

Bei einem russischen Luftangriff mit Flugzeugbomben auf die südukrainische Großstadt Saporischschja wurden unterdessen mindestens 20 Menschen verletzt. Wie Militärverwalter Iwan Fedorow auf Facebook mitteilte, traf eine der Gleitbomben einen Busbahnhof im Zentrum. 

Russland meldete am späten Abend unter anderem zwei Tote bei einem ukrainischen Drohnenangriff in Tula. Unter Berufung auf den Gouverneur der Region berichtete die Nachrichtenagentur Tass von einem Luftangriff auf ein ziviles Unternehmen in der zentralrussischen Stadt - es habe dabei zudem drei Verletzte gegeben. 

Tass meldete am Abend unter Berufung auf Behördenangaben den Abschuss Dutzender Drohnen in unterschiedlichen Regionen. Die Ukraine nutzt die Drohnenattacken in ihrem Abwehrkampf gegen den seit fast dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg, um Ziele im Hinterland des Gegners zu treffen und den militärischen Nachschub zu stören. Die Schäden und Opfer infolge dieser Angriffe stehen in keinem Verhältnis zu den vielen Toten und Verletzten sowie schweren Zerstörungen durch die russischen Attacken.

EU / Diplomatie / Krieg / Konflikte / USA / Russland / Europa / Ukraine
11.08.2025 · 03:59 Uhr
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