Rentenreform-Debatte: Beitragsjahre statt Alter als neuer Ansatz?
In der sich zuspitzenden Diskussion um die Rentenreform in Deutschland hat der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, eine klare Position bezogen. Er spricht sich gegen die Entkopplung des Renteneintritts vom Alter zugunsten der reinen Beitragsjahre aus. Fratzscher warnt davor, dass eine solche Maßnahme nicht nur wenig zur Reduktion der Altersarmut beitragen würde, sondern vielmehr bestehende Ungleichheiten verstärken könnte. Besonders Frauen, die häufig familienbedingte Erwerbsunterbrechungen haben oder ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben, wären benachteiligt, glaubt der Ökonom.
Dagegen findet Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas Gefallen an diesem Ansatz, wie sie im „ARD-Bericht aus Berlin“ erklärte. Auch SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sieht in dieser Idee eine diskussionswürdige Alternative zur herkömmlichen Anhebung des Renteneintrittsalters. Klüssendorf weist zudem auf die Notwendigkeit weiterer Reformstrategien hin, die sicherstellen müssen, dass sowohl kleinere als auch größere Renten gerecht wachsen.
Eine im Dezember zu gründende Rentenkommission soll die zukünftige Sicherung der Alterseinkommen untersuchen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann betont die Wichtigkeit der unvoreingenommenen Arbeit dieser Kommission und sieht den Vorschlag, Beitragsjahre als Kriterium für den Renteneintritt heranzuziehen, als erwägenswerte Option.
Von linker Seite gibt es hingegen scharfe Kritik. Nicole Gohlke, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, sieht in dem Modell ein „vergiftetes Angebot“. Sie fordert, körperlich hart Arbeitenden einen früheren Ruhestand zu ermöglichen, mahnt aber, dies nicht zu Lasten von Akademikern zu tun, deren spätere Berufseintritte durch lange Studienzeiten gerechtfertigt sind.
Unterdessen hat Wirtschaftsprofessor Jens Südekum in der „Bild“-Zeitung klargestellt, dass die starre Altersgrenze von 70 für den Renteneintritt keine Lösung sei. Er favorisiert eine Herangehensweise, die Renteneintritt an die Anzahl der erbrachten Beitragsjahre zu koppeln. In der laufenden Diskussion kristallisieren sich zwei Modelle heraus: Entweder das traditionelle Renteneintrittsalter nach Lebenserwartung oder das innovative Prinzip der Beitragsjahre.

