Parlamentswahlen im Iran: Desillusionierung und Boykottaufrufe überschatten Urnengang

In einem Klima der politischen Ernüchterung und aufgerufenen Wahlboykotts begibt sich die Islamische Republik Iran heute an die Wahlurnen, um ihre gesetzgebende Versammlung zu erneuern. Enttäuschung über gescheiterte Reformbemühungen hat einen Großteil der Wählerschaft in Distanz zur politischen Partizipation getrieben, eine Lage, die das Lager der Reformpolitiker vor schwere Herausforderungen stellt. Insbesondere konservative Gruppierungen sind in ein Ringen um Einfluss und Macht eingebunden – ein Kräftemessen, das die erste Wahl seit den landesweiten, von Frauen dominierten Protesten im vorherigen Herbst kennzeichnet.

Die zur Wahl eingeladenen rund 61 Millionen Wahlberechtigten sollen nicht nur das Parlament, den sogenannten Madschles, sondern auch den Expertenrat, einflussreiche Versammlung religiöser Gelehrter, bestimmen. Trotz der festgelegten Öffnungszeiten der Wahllokale von 8 bis 18 Uhr Ortszeit mit Option auf Verlängerung, zeichnet sich eine verhaltene Beteiligung ab, wobei erste Wahlergebnisse für das Wochenende prognostiziert werden.

Das seit der Revolution von 1979 etablierte politische System verwebt theokratische Strukturen eng mit republikanischen Bestandteilen. Das Mandat zur Auswahl der 290 Parlamentarier, von denen fünf Sitze religiösen Minderheiten vorbehalten sind, erfolgt im Vierjahresrhythmus durch die Bevölkerung. Eine vorgeschaltete ideologische Filterung der Kandidaten durch den erzkonservativen Wächterrat lässt den Iranern jedoch meist nur eine Auswahl aus systemkonformen Optionen. Von den ursprünglich 5000 Kandidaten wurden viele vom Wächterrat ausgeschlossen, wohingegen eine Rekordbeteiligung von 15 000 Kandidaturen zu verzeichnen ist.

Die politischen Protagonisten gruppieren sich um Listen statt Parteien, wobei in der Metropole Teheran beispielsweise 30 Sitze im nationalen Parlament zur Wahl stehen, entsprechend präsentieren die Bündnisse jeweils 30 Kandidaturen. Ein sich zuspitzender Machtkampf zwischen dem aktuellen Parlamentspräsidenten Mohammed Bagher Ghalibaf und weiteren konservativen Fraktionen lässt innerhalb der Hauptstadt auf einen intensiven Machtkampf schließen. Die endende Legislaturperiode ist auf den 26. Mai terminiert.

Auffällig ist die Zahl prominenter Stimmen, wie die der inhaftierten Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die die Bevölkerung zum Wahlboykott aufriefen. Die Staatsführung, inklusive des geistlichen Oberhaupts Ajatollah Ali Chamenei, zeigt sich keineswegs indifferent gegenüber der bevorstehenden Wahl, indem sie die Bürger zu aktiver Wahlteilnahme anmahnt. Die letzte parlamentarische Abstimmung im Jahr 2020 verzeichnete mit knapp über 40 Prozent die bisher niedrigste Wahlbeteiligung.

Der Wahl des Expertenrats kommt besondere Aufmerksamkeit zu – ein acht Jahre amtierendes Gremium, bestehend aus 88 schiitischen Geistlichen mit dem Auftrag, im Fall eines Ablebens über die Nachfolge des Religionsführers zu bestimmen. Kritisch kommentiert wurde die geringe Zulassungsquote von nur 144 Kandidaten für die Wahlen zum Rat, womit strenge theologische Auswahlkriterien einhergehen. Dies betrifft auch die Disqualifikation des ehemaligen Präsidenten Hassan Ruhani, bislang langjähriges Mitglied im Rat.

Trotz der Bedeutung des Parlaments als gesetzgebender Körperschaft liegt das eigentliche Zentrum der Macht bei der Staatsführung und dem Religionsführer Chamenei, der im April sein 85. Lebensjahr vollendet. Während der Präsident die Exekutive alle vier Jahre vertritt und Minister ernennt, übt auch der Sicherheitsrat weitgehende Befugnisse aus. Die Revolutionswächter, Irans Elitestreitmacht, konnten in den letzten Jahrzehnten ihren Einfluss ausweiten und zu einem bedeutenden Wirtschaftsakteur avancieren. (eulerpool-AFX)

Politics
[Eulerpool News] · 01.03.2024 · 09:48 Uhr
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